Oberdeutschc
Schule.
Friedr.
Herlen.
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Wobei sich jedoch auch eine Aehnlichkeit mit der fränkischen
Schule nicht verkennen lässt. Es ist diess Johann Raphon
von Eimbeck, von welchem sich ein Gemälde mit dem Datum ,4_
1508 im Chor des Domes von Halberstadt befindet. Auf
dem etwas übervollen Mittelbilde sieht man die Kreuzigung
Christi, auf den Flügeln innen die Verkündigung, die An-
betung der Könige, die Anbetung der Hirten und die Dar-
stellung im Tempel, aussen Heilige. Die Köpfe sind in
Bezug auf Kraft und Individualität ausgezeichnet, minder in
Bezug auf inneres Leben, wie sich solches im momentanen
Ausdrucke zeigt. Eine andere- Kreuzigung Christiif), schon l5_
vom Jahre 1506, findet sich im Erdgeschoss der Bibliothek
zu Göttingen; ausserdem zWei Tafeln bei Hrn. Hausrnann
in Hannover H). 16;
ä. 229. Eine selbständigere Richtung bewahrten die ver-
schiedenen oberdeutschen Schulen dieser Zeit, in welchen
der Einfluss der flandrischen Malerei auf die realistische
Kunstweise mehr nur als allgemeine Anregung, denn als bin-
dendes Vorbild zu fassen ist. Wenn es nicht wohl zu
läugnen steht, dass die Flandrer über der unerhörten Pracht
und Zierlichkeit der Ausführung oft genug und Selbst
Rogier von Brügge nicht ausgenommen für das höchste
Ziel aller Kunst kein Interesse mehr übrig behalten, so haben
die Oberdeutschen hier in einzelnen Fällen unverkennbar
den Vorrang. Auf die Einzelheiten der Erscheinung, auf
leuchtenden Schmuck, schimmernde Reflexe, miniaturartige
Vollendung aller Nebendinge gehen sie Wenig aus, auf land-
schaftliche und architektonische Prospecte noch weniger, aber
gerade ihre schlichtere Form steht in einem ungleich rich-
ü) S0 viel ich mich erinnere, fast ganz dasselbe Bild wie das vor-
hergehende.
ie") Von den wahrscheinlich dem XV. Jahr-h. angehörenden Male-
reien des grossen Saales im Rathhaus zu Goslar können wir für jetzt
bloss die Gegenstände angeben. An der Decke: vier Scenen aus der
Jllgendgeschichte Christi. ringsum 12 Propheten, in den Ecken die
Evangelisten. An den Wänden: in fast lebensgrossen Figuren abwech-
selnd ein König und eine weibl. Figur mit Spruchband, ausserdem
eine Madonna mit Donator.