Volltext: Franz Kugler's Handbuch der Geschichte der Malerei seit Constantin dem Großen (Bd. 2)

428 
Buch IV. 
Norden. 
XV. Jahrhundert. 
Deutschland. 
228. 
nete Figuren, im Einzelnen jedoch charaktervolle, auch an- 
muthige Köpfe. Der rechte Flügel enthält in vier Abthei- 
lungen die Auferstehung Christi, die Himmelfahrt, die Aus- 
giessung des heil. Geistes, das jüngste Gericht, und ist, da 
die Gruppen sich auf solche Weise genügend sondern, schon 
klarer und überschaulicher. Der linke Flügel besteht eben- 
falls aus vier Abtheilungen, die Verkündigung, die Geburt 
Christi, die Anbetung der Könige, die Darstellung im Tempel; 
hier sind besonders in den beiden ersten Abtheilungen, die 
Gruppen noch besser geordnet und namentlich die Madonnen 
einfach und anmuthig gezeichnet, schöne deutsche Köpfe mit 
schlicht herabhängendem blondem Haar, sodass auch hier 
noch mitten in einem zur Verwihilerung neigenden Realismus 
die schönen Nachklänge des germanischen Styles sich geltend 
machen.  Ein anderes kleines Bild desselben Künstlers, 
11.mit seinem Namen bezeichnet, beündet sich im Besitz des 
Grafen Pembroke zu Wiltonhouse in England; es stellt den 
Leichnam Christi, von den Seinen betrauert, dar und ist von 
trefilicher Ausführung. 
Gegen den Anfang des XVI. Jahrhunderts zeigt sich in 
Westfalen eine strengere Nachahmung der Eyckschen Auf- 
fassungsweise; neben einzelnen überladenen Bildern voll 
wilder Unruhe und roher Caricatur finden sich auch Werke, 
die den vorzüglichern flandrischen Leistungen an die Seite 
12, zu stellen sind. Dahin gehört eine Madonna, auf einem 
halben Monde stehend, ein kniender Karthausermönch zu 
ihren Füssen, in der Art des Hugo van der Goes; das Bild 
stammt aus der Karthause bei Dülmen und befand sich zu- 
13_letzt bei Herrn Clemens Brentano.  Ebenso ist ein Altar 
in Schwerte mit Doppelflügeln, deren Inneres Schnitzwgrk 
enthält, beachtenswerth. Andere werthvolle Bilder sind in 
Soest und mehrern kleinen Städten  der Grafschaft Alm-k 
U. s. w. 
 Sehliesslich ist hier ein norddeutscher Meister zu nennen, 
dessen Werke der Zeit nach zwar erst dem Anfang des 
XVI. Jahrhunderts, dem Styl nach aber noch der frühern 
Periode und zwar dieser westfälischen Richtung angehören,
	        
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