227.
228.
Westfalen.
Der
Liesborner
Meister.
425
nur fällt in den grössern Figuren die ungenügende Durch-
bildung zu sehr auf, namentlich in den hässlichen Kinder-
gestalten. Einzelne Frauenköpfe sind dagegen lieblich und
von eigenthümlicher Feinheit, Im Berliner Museum wird17.
ihm ein Bild der heil. Anna und Maria mit dem Kinde zu-
geschrieben, worin der Ausdruck etwas gedrückt und nicht
sehr edel, die Färbung sehr massig ist. Auch ein Niko-
laus Schit mag hier erwähnt werden, welcher im Jahre
1500 die Flügel des Choraltars in der Pfarrkirche zu Geln- 18.
hausen mit Heiligcnfiguren und mit einer Verkündigung
versah; der Styl hält ungefähr die Mitte zwischen der west-
phälischen und der oberrheinischen Darstellungsweise.
Am nördlichen Niederrhein war in der zweiten Hälfte
des XV. Jahrhunderts u. a; in Calcar eine Schule thätig,
die sich mit Glück der flandrischen Darstellungsweise an-
schliesst. Vorzüglich bedeutend erscheint ein Meister der-
selben, von welchem in der dortigen Hauptkirche mehrere 19.
Bilder, namentlich eine Altartafel mit dem Tode der Maria,
vorhanden sind. Auch besitzt die genannte Kirche eine An-
zahl von Gemälden seiner Schüler und Nachfolger. Von
derselben oder einer ähnlichen Hand in der Sammlung des
Lord Dudley zu London ein messelesender Priester, vorn
als Donator ein kniender Kaiser, und in der Moritzkapelle
zu Nürnberg (unter dem Namen C. Engelbrechtsen) eine 21.
Kreuzabnahme mit. verschiedenen Episoden in reicher Land-
schaft.
ä. 228. In Vvestfalen (vgl. Bd. 1., S. 284) bildete sich
aus dem bisherigen germanischen Styl und dem neu eindrin-
genden flandrischen eine eigenthümlich schöne Darstellungs-
Weise, welche von dem erstern die schöne Idealität, von dem
letztern die bestimmte Durchführung sich aneignete. Das
vorzüglichste Beispiel derselben war ein grosses Altar-Werk ü)
in der Kirche des ehemaligen Klosters Liesborn bei Münster
vom J. 1465, welches jedoch bei der Aufhebung des KIOSU-BPS
gleichgültig verschleudert und nachmals theils in einzelne
ü) Egisiyslavant, Kunstreise, S. 400 u. f.; Mitth. desselb. im Kunst-
blatt 1841, N0. 101; und Mitth. von C. Becker, 1843, N0. 89.