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Buch IV,
Norden.
XV. Jahrhundert.
Deutschland.
wesentlich beschränkt. Durch diess und Andres wird aller-
dings der Zwiespalt, der schon in der flandrischen Schule
zwischen der genauen Wirklichkeit einzelner Theile und der
phantastischen Äinwirklichkeit anderer herrscht, keinesweges
gehoben; wie aber der tiefere geistige Gehalt sich bald auf
Seiten der deutschen Kunst geltend machte wird unten zu
betrachten sein.
Die äussere Art und Weise, wie der flandrische Styl
auf Deutschland überging, lässt. sich auf verschiedenen
Wegen denken und selbst nachweisen. Wie nach Frank-
reich, England und Italien, so gingen gewiss einzelne flan-
drische Maler auch nach Deutschland, um hier und dort
Werke der neuen, vielbewunderten Art auszuführen; oder
von Deutschland, namentlich von den nordischen Seestädten
aus wurden Gemälde _in Flandern bestellt; endlich besuch-
ten deutsche Maler die fiandrischen Schulen und verbreiteten
nachher deren Styl zu Hause. Man darf sich die Sache
theilweise als eine wahre Mode vorstellen, welche durch ein
allgemeines, wenn auch stillschweigendes Uebereinkommen
sich Weite Länder mit grosser Schnelligkeit unterwirft. Die
tiefer liegenden Mängel der deutschen Malerei konnte die
ilandrische freilich nicht heben, weil sie selbst darin befan-
gen War.
Wir betrachten zunächst die Kunst des Niederrheins,
vorzüglich Köln's, unter fiandrischem Einfluss. Hatten sich
hier schon in dem Dombilde des Meisters Stephan (1426) An-
klänge dieser Art gezeigt, so lässt sich voraussetzen, dass
noch vor der Mitte des XV. Jahrhunderts der Sieg der nieder-
ländisehen Weise entschieden war Vgl. Bd. I, S. 277 und
283), wobei einzelne Reminiscenzen der altkölnischen Schule
noch immer fortdauerten.
Einen namenlosen kölnischen Meister, welcher die neue
Richtung bis zu einer gewissen Vollendung durchführte, und
dessen Werke später als die Mitte des XV. Jahrhunderts
fallen, glaubte inan vor einigen Jahrzehnden ohne allen
Grund in dem Goldschmiede und Kupferstecher Israel von