226.
Deutsche
unter
fländrischem
Einfluss.
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ä. 226. Üngleich bedeutender als auf Frankreich scheint
die flandrische Malerei auf Deutschland eingewirkt zu
haben, ja man kann sagen, {dass die Aeusserungsweise des
Realismus in der deutschen Malerei des XV. Jahrhunderts
vorherrschend auf flandrischen Vorbildern beruht. Wenn
diess beieiner so beträchtlichen einheimischen Kunstblüthe,
wie sie Deutschland unmittelbar vorher besass, auf den ersten
Anblick befremdet, so ist zu erwägen, wie sehr die grossen,
in die Augen fallenden Vorzüge der flandrischen Malweise
anregen und hinreissen mussten, wie das plötzlich aufge-
schlossene Reich des Individuellen und Wirklichen, die ganze
Pracht der äussern Welt in Natur und Menschenwerk die
Blicke
blenden
musste.
Hier
war
der
Geist
des
Jahr-
hunderts, nach dessen Ausdruck man strebte, klar und fertig
zu Tage getreten; man eignete sich diesen Ausdruck nebst
manchem Unwesentlichen und Zufälligen in einer sehr wei-
ten Ausdehnung an, so dass, um nur ein Beispiel anzufüh-
ren, die edle fiiessende Gewandung des gothischen Styles
dem knittrigen Faltenbruch der Flandrer aufgeopfert wurde.
Merkwürdig und bezeichnend ist. nicht minder, was man von
dem alten Style beibehielt"). In den Köpfen der heiligsten
Personen tritt jezuweilen die ideale Majestät des gothischen
Styles wieder hervor; in den zierlichen Prunk der ITlandrer
hat sich die deutsche Malerei nur selten tief eingelassen;
Landschaft und Baulichkeiten stehen hinter der miniatur-
artigen Durchbildung und der perspectivischen Richtigkeit
eines Johann van Eyek und Rogier von Brügge einstweilen weit
zurück und werden durch den meist heibehaltenen Goldgrund
mehrere Kirchen in Chalons s. M. etc.) sowie über die Teppiche nichts Zu-
sammenhängendes aus eigener Anschauung mittheilen können, so verwei-
sen wir auf die oben angeführten Werke und auf den schon erwähnten
Aufsatz von Thevenot, Kunstbl. 1842, N0. 102 u. f.
ü) Wie und in welchen Uebergängen die deutschen Maler sich die
Handrische Technik angeeignet, wagen wir nicht zu entscheiden. Bis
zu Ende des XV. Jahrhunderts untermalten sie meist noch in Tempera
und vollendeten-mit Oelfirniss, eine Art und Weise, Welche freilich
auch in Flandern selbst fortdauerte.