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Buch IV.
Norden.
Jahrhundert.
Flandrer.
222.
Hügeln, mischen sich unter die Verdammten und treiben sie
mit dämonischer Lust dem Abgrunde zu. Auf der rechten
Seite hingegen ist Alles fromme Ruhe und in den Gesichtern
der Ausdruck eines freudigen Vorgefühles der nahenden
Seligkeit. Auf dem linken Seitenbilde ist die Hölle vor-
gestellt. Zwischen zackigen, schroffen Felsen lodern Flam-
men, sprühen Funken und Dampf empor, in tollem Graus
werden die Verlornen hinabgestürzt und in mannichfacher
Weise gequält. Hxier hängt ein Liebespaar, mit dünnen
Stricken zusammengeschnürt, in den Zähnen eines fledermaus-
geflügelten Unholdes ; dort tritt ein andrer auf die Kehle eines
in die Tiefe stürzenden Weibes und zieht einen Pfaffen mit
krummer Gabel herbei; andre, affenartige Teufel reissen die
Seelen an den Haaren herab; andre tragen ihre Beute auf
dem Rücken, peinigen sie mit Feuerbränden u. s. W. Die
Verschiedenheit der Stellungen, die Kühnheit der Verkürzun-
gen ist hier in meisterhafter lrVeise gelungen, die Stufenleiter
der Töne in dem Einen Ausdrucke des Jammers und der
Verzweiflung höchst mannichfaltig. Das rechte Seitenbild
zeigt uns ein prächtiges, mit Säulen geziertes, und im g0thi-
sehen Style erbautes Portal, durch dessen geöffnete Thüren
die Seligen eingehen; Bildwerke von halb erhabner Arbeit,
in- Bezug auf altes und neues Testament, schmücken die
Fagade und den Plafond der hochgewölbten Eintrittshalle.
Auf der Balustrade und auf zweien Balkonen des Gebäudes
stehen liebliche Engel, in reiche Messgewande gekleidet, sin-
gend, musieirend, Blumen streuend. Wolken umgeben das
Gebäude von. beiden Seiten. Selige ziehen heran, sie werden
von Engeln empfangen, geleitet und mit prächtigen Gewän-
dern angethan. Petrus mit dem Schlüssel des Himmels, eine
würdevolle Gestalt, steht an der Pforte und winkt den Er-
wählten; eine Schaar von Geistlichan hat schon die Stufen,
die hinauf führen. erstiegen. Auch hier die grösste Mannich-
faltigkeit der Gesichtsbildungen, die alle aus der Natur ent-
lehnt zu sein scheinen; und mit derselben Wahrheit, wie
drüben der Jammer der Verzweiflung, der durchgehende
Ausdruck demüthigen Erstaunens und stille, ruhige Freude.