Volltext: Franz Kugler's Handbuch der Geschichte der Malerei seit Constantin dem Großen (Bd. 2)

219. 
Johann 
und 
Margaretha 
van 
Eyck. 
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Haar und weitem, reich geschmücktem Purpurmantel, das Christ- 
kind auf ihrem Arme. Vor ihr der Stifter des Bildes, kniend, 
im Hintergrunde eine alterthümliche Kirchenarchitektur, durch 
die man in eine reiche, belebte Landschaft hinaus sieht. Auf 
den Seiteniiiigeln vier Darstellungen des alten Testamentes 
(zum Theil nur skizlzirt), welche, im Geiste jener ältest7christ- 
liehen Sylnbolik, auf die Geheimnisse der jungfräulichen Ge- 
burt ziu beziehen sind: Mosis feuriger Busch, der von den 
Flammen nicht verletzt wird; Gideon mit dem .Engel und 
mit dem wunderbaren Vliess; die verschlossene Pforte des 
Ezechiel; Aaron mit dem grünenden Stabe. Auf der äusfsern 
Seite der Flügelbilder ist eine grau "in grau gemaltelDar- 
stellung, Maria mit dem Kinde, dem Kaiser Augustus erschei- 
nend, und die tiburtinische Sibylle, welche die Bedeutung der 
Vision erklärt. Seit. der vor etwa 16 Jahren gemachten Ent- 
deckung, dass Jan und Hubert van Eyck noch einen dritten 
Bruder Lambert gehabt haben, der wahrscheinlich eben- 
falls Maler gewesen, ist man geneigt, diesem das obige Bild 
(sowie die Sibyllen und den Zacharias des Genter Altar, und 
einiges andre schwächere anderswo) zuzuschreiben 
Historisch beglaubigte Arbeiten der Schwester der bei- 
den Künstler, der Margaretha van Eyck, sind nicht 
bekannt. Eine "Ruhe auf der Flucht", für deren Echtheit 31; 
begründete Nachweise vorhanden sein sollen, beündet sich in 
der Akademie zu Antwerpen. Maria, in blauem Kleide und 
grauem Mantel, auf dem Haupt einen durchsichtigen Schleier, 
sitzt auf einem Grashügel und giebt dem Kinde die Brust; 
Joseph schläft, an den Hügel gelehnt; in der Ferne ein 
dunkler Wald und eine Stadt. Der Eindruck einer schönen 
idyllischen Ruhe wird durch ein rauschendes WVasser, Schmefter- 
linge und Vögel vollendet  Das schöne dreitheilige 3g_ 
ii) Vergl. Waagen a. a. O. S. 91. 
M) Sollte dieses liebliche Bildchen nicht eher dem Anfang des 
XVI. Jahrhunderts angehören? Ich gestehe, dass mir die sehr beschei- 
dene Färbung, der röthlich'- braune Fleischton und" die keinesweges 
scharfe, eher etwas verschwimmende Behandlung einer so frühen Zeit 
der üandrischen Schule nicht zu entsprechen scheinen. Für eine weib-
	        
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