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Buch IV.
Norden.
Jahrhundert.
Flandrer.
die Münchner Pinakothek übergegangen sind, werden jetzt
sämmtlich als Arbeiten von Nachfolgern bezeichnet; wir wer-
den desshalb den heil. Lucas, welcher die Madonna malt,
und das Altarwerk mit der Anbetung der Könige (nebst
dem englischen Gruss und der Darstellung im Tempel) bei
Rogier von Brügge erwähnen. Das aus derselben Sammlung
20'stammende Bildniss des Cardinals Carl von Bourbon (geb.
1434, st. 1488), jetzt in der Moritzkapelle zu Nürnberg, kann
schon aus chronologischer Ursache nicht von Johann van Eyck
sein und rührt wahrscheinlich von einem Schüler Rogiefs
her. Die Züge des betagten Mannes im Hermelinkleide
drücken den Ernst des Gebetes ohne alle Ekstase mit Fein-
21-heit und Gefühl aus. Im Besitz des Herrn Kraenner zu
Regensburg: eine Maria, den todten Christus beweinend, in
der Ferne eine weite, vortreffliche Landschaft. Neben dem
edeln und tiefen Gefühl ist hier auch die ganze Gediegenheit
der Ausführung des Meisters würdig. In der Dresdner
21 Galerie: eine kleine Madonna mit dem Kinde, in einer reich-
gothischen Kirchenhalle stehend, von miniaturartiger Voll-
endung. Architektonische Hintergründe dieser Art sind, wenn
man den hoch genommenen Augenpunkt zugiebt, bei Johann
van Eyck mit einer relativ bewundernswerthen perspectivischen
Richtigkeit dargestellt; hier wie in den Landschaften erscheint
Er, der Schöpfer der Gattung, doch zugleich vollendeter als
irgend einer seiner Nachfolger; überdiess lag eine schöne
Absicht darin, die heiligen Gestalten in prachtvolle Dome,
als in ein Abbild der gesammten Kirche hineinzustellen.
23. Das Berliner Museum besitzt ausser jenen Flügelbildern des
Genter Altars einen Christuskopf, mit dem N amen des Künst-
lers und dem Datum der Vollendung, den 31. Januar 1438,
versehen. Das Gesicht ist dem Beschauer gerade zugewandt
und in der bekannten kirchlich überlieferten Weise gebildet,
hohe, etwas längliche Formen. Die Carnation ist weich und
schön, die Ausführung fein; .aber es scheint, als ob jene-
typisch vorgeschriebenen Formen dem Künstler, der in der
Naturnachahmung Meiter war, hier Fesseln angelegt haben:
das Auge hat etwas Beschränktes, der Mund ist fein aber