Volltext: Franz Kugler's Handbuch der Geschichte der Malerei seit Constantin dem Großen (Bd. 2)

Die 
Van 
Eyck. 
Das 
Genter 
Altarwerk. 
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Verschieden von dieser so höchst charaktervollen Auf- 
fassung zeigen sich die beiden andern Flügelbilder, deren 
Gegenstand jedoch schon nicht so mannigfach wechselnden 
Ausdruck erlaubte. Hier ist es mehr der gemeinsame Aus- 
druck einer ruhigen Seelenstimmung, eines klar bewussten 
vVollens, zugleich die kunstreiche Darstellung, irdischer Pracht 
und Glanzes, was den Beschauer fesselt. Die Technik ist 
die des Johann, bestimmt, klar und höchst sauber in der 
Ausbildung des Einzelnen, wie es hier der Gegenstand er- 
forderte, während jene weichere, mehr dem Gefühl als dem 
Verstande folgende Technik des Hubert trefflich zu den 
Einsiedlern passte. Auf dem ersten Flügelbilde zur Linken 
reiten die Streiter Christi aui" schönen Pferden, schlichte edle 
Gestalten in leuchtenden Harnischen und buntgeschnittenen 
Waffenröcken. Die drei vordersten mit den wallenden Fahnen 
sind, wie es scheint, die Schutzpatrone der drei alten flan- 
drischen Genossenschaften, die ihre Grafen "im Kreuzzuge 
begleiteten; St. Sebastian, St. Georg und St. Michael. Kaiser 
und Fürsten folgen ihnen. Ausserordentlich schön und voll- 
endet ist auf diesem Bilde die Landschaft mit reichen, an- 
muthig gestalteten Bergzügen und leicht hinschwebenden 
weissen Frühlingswolken.  Das andre Bild stellt, ebenfalls 
zu Pferde, die gerechten Richter dar, auch hier sehr edle 
und schöne Gestalten. Vorn reitet auf einem prächtig ge- 
schmückten Schimmel, ink blauem Sammtpelze, ein milder 
freundlicher Greis; es ist das Bild des Hubert, dem de 
Bruder hierin ein schönes Denkmal gesetzt hat. Etwas 
tiefer in der Gruppe reitet Johann, schwarz gekleidet, indem 
er sein kluges, scharfgezeichnetes Gesicht dem Beschauer 
zuwendet. iEine alte Tradition hat uns die Kenntniss dieser 
Portraits erhalten. 
Diese vier Bilder nebst dem untern Mittelbilde sind 
hochwiehtig als erste Beispiele einer ausgebildeten Land- 
schaft. Wenn man erwägt, wie kümmerlich alle Gegen- 
stände der freien Natur bis auf die van Eyck's angedeutet 
worden waren, so grenzt diese Leistung an's Wunderbare. 
Der Duft der Fernen wie die nächste Nähe ist hier mit dem
	        
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