Die
Van
Eyck.
Das
Genter
Altarbild.
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gedankenvoll die Tasten berührt; hinter der Orgel stehen
andre mit verschiedenen Saiteninstrumenten. Hier sieht man
in den Köpfen mehr innerliches Gefühl und Milde; Stoife
und Geräth sind mit derselben Meisterschaft behandelt.
Die äusseren Seitenflügel der oberen Reihe, welche Adam
und Eva, einander gegenüberstehend, darstellen und sich in
Gent befinden, sind dem Reisenden unzugänglich, da sie,
wie man sagt, aus grossem Zartgefühl unter strengstem Ver-
schluss gehalten werden. Der Versuch, lebensgrosse nackte
Figuren mit sorgfältigstem Eingehen auf das Einzelne zu
malen, soll hier sehr glücklich gelungen und nur eine gewisse
Trockenheit in der Zeichnung sichtbar sein. Eva hält in
ihrer Rechten die verbotene Frucht. Auf den Füllungen,
Welche die Oekonomie des Altarwerkes über diesen Tafeln
nothwendig machte, sind kleine; grau in grau gemalte Dar-
stellungen enthalten: über Adam das Opfer des Cain und
Abel, über Eva der Tod Abels. (Also die Erbsünde und ihre
unmittelbare Folge, der Tod.)
Das untere Miltelbild, die Anbetung des Lammes, schreibt
man ebenfalls, der Ausführung nach, dem Johann van Eyck
zu. Die Anordnung desselben ist streng symmetrisch, wie
sie durch das Mystisch-Allegorische des Gegenstandes bedingt
werden musste. Neben dieser Symmetrie ist aber in der Land-
schaft, in der reinen Luft, in dem hellen Grün des Grases.
in Baumgruppen und Blumen, ebenso auch in den einzelnen
Gestalten, Welche mehr aus den vier grossen Gruppen her-
vortreten, eine solche Anmuth und zugleich individualisirende
Charakteristik, dass alles Harte und Strenge wiederum aus
jenem symmetrischen verschwindet.
Die Flügelbilder zur Rechten des eben genannten (die
Einsiedler und Pilger) haben in der Behandlungsweise mehr
von der Art des Hubert, während die gegenüberstehenden
die Hand des Johann erkennen lassen. Das äusserste Bild
zur Rechten, welches die heiligen Pilger darstellt, ist indess
minder bedeutend. Hier sieht man _den heil. Christoph,
der die WVelt durchwanderte, um den mächtigsten Herrn zu
finden, riesengross Voranschreiten; eine Schaar kleinerer Pilger