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Buch IV.
Norden.
XV. Jahrhundert.
Flandrer.
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über der Brust mit einer reichen Agrafe zusammengehalten
wird, ebenmässig von beiden Schultern herabfliesst und in
schönen Falten über die Füsse geschlagen ist. Hinter der
Gestalt, bis zu ihrem Haupte, erhebt sich eine grüne Tapete
mit dem Goldmuster eines Pelikans (eines bekannten Sym-
boles des Erlösers); hinter dem Haupte ist Goldgrund, da-
rauf im Halbkreise drei Sprüche, die wieder den Dreieinigen
als Alhhächtigen, Allgütigen und als freigebigsten Ver-
gelter bezeichnen. Aehnliche Hoheit gewahrt man in
den beiden andern Gestalten des Mittelbildes, welche beide,
in heiligen Büchern lesend, dem Herrn zugewandt sitzen;
Johannes in dem Charakter einer milden, fast weichen Schwär-
merei; Maria in dem Ausdrucke stiller Anmuth und einer
Reinheit der Gesichtsbildung, die den besten Erzeugnissen
italienischer Kunst nahe kömmt.
Die oberen Mittelbilder hält man, zum grössern Theile
wenigstens, für ein Werk des Hubert und nimmt die, wenig-
stens vorherrschende weichere Behandlungsweise, den tieferen,
mehr bräunlichen Ton derselben als ein charakteristisches
Merkmal der Technik dieses Künstlers an. Die Seitenflügel
mit den singenden und-musicirenden Engeln dagegen werden
dem Johann zugeschrieben, indem sie dieselbe grössere Be-
stimmtheit und Schärfe zeigen, welche den unabhängigen
Werken des letzteren eigen ist. Auf dem Flügel zur Seite
der Maria stehen acht Engel singend vor einem Notenprllte;
sie sind als Chorknaben dargestellt, geschmückt mit präch-
tigen Messgewändern und Kronen. Der Glanz der edlen
Steife und Steine ist mit vollendetster Meisterschaft wieder-
gegeben, das vNotenpult aufs Zierlichste mit gothischen Or-
namenten und Figuren geschmückt; auch die Gesichter haben
viel Ausdruck und Leben; doch ist hier über dem Bestreben
einer möglichst sorgfältigen Naturnachahmilng, welche sogar
die verschiedenen Stimmen des doppelt besetzten Quartetts
mit grösster Sicherheit unterscheiden lässt, der Hauch einer
höheren Heiligung bereits verloren gegangen, Auf dem an-
dern Seitenflügel ist eine Orgel, davor ein ähnlicher Engel.
(wenn nicht vielleicht. die heil. Cäcilia) sitzt, der sinnig und