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218.
Die
Van Eydk.
Das
Genter
Altarw erk.
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Vordergrund der Brunnen des Lebens, in der Ferne die
Thürme des himmlischen Jerusalem. A-ndre ziehen auf den
Flügelbildern zur Verehrung des Lammes heran; zur Linken
diejenigen, die durch weltliches Handeln für das Reich des
Herrn gewirkt, die Streiter Christi und die gerechten Richt-
ter; zur Rechten dieß, welche durch Entsagung und Ent-
äusserung des Irdischen geistig gewirks, die heiligen Ein-
siedler und Pilger, Ein Untersatzbild, welches das Fegefeuer
darstellte, beschloss das_Ganze. Ein grosser Gedanke, der
Gedanke der Versöhnung, der Grundgedanke des Christen-
thums, ging durch dies reiche Werk, und alles noch so
mannichfaltig gestaltete Einzelne bezog sich auf diesen einen
Mittelpunkt.
Das Werk ist. gegenwärtig zerstreut. Nur die Mittel-
bilder und die Tafeln mit Adam und Eva: befinden sich noch
in Gent; das Untersatzbild ist frühe verdorben und verloren;
die andern Gemälde sind eine der vorzüglichsten Zierden der
Galerie des Berliner Museums.
Die drei Gestalten des oberen Mittelbildes zeigen? in
ihrem Entwurf noch die Würde und statuarische Ruhe jenes
früheren Styles; auch sind sie auf Tapeten- und Goldgrund
(wie durchweg in der früheren Zeit Sitte war) gemalt. Aber
sie vereinen mit dem typisch Ueberlieferten bereits eine
glückliche Belebung und Unmittelbarkeit der Darstellung;
sie stehen an der Grenzschcide zwischen zwei verschiedenen
Stylen, und aus dem Trefflichen beider bilden sie ein eigen-
thümliches, höchst ergrcifendes Ganze. Alterthümlich ernst
und feierlich sitzt die Gestalt des himmlischen Vaters' dem
Beschauer gerade zugewandt, die rechte Hand zum Schwure
des neuen Bundes erhoben, in der linken ein krystallenes
Scepter; das Haupt mit der dreifachen Krone, zum Zeichen
der Dreieinigkeit bedeckt. Die Züge des Gesichts sind denen
nachgebildet", welche die alte Tradition der Kirche Christo
zuschreibt, mit grossem Adel und Ebenmaass, und doch ohne
ein eigentlich naturalistisches Bestreben; der Ausdruck ist
maclitvoll und leidenschaftlos. Das umgürtete Gewand des
Herrn hat eine volle rothe Farbe; ebenso der Mantel, der