216.
Hubert
und
Johann
van
Eyck.
359
sieht auf die überwiegende- Mehrzahl ihrer Erscheinungen,
den Gegensatz gegen die Richtung der vorigen Periode. Das
Abgeschlossene einzelner idealer Gestalten oder symmetrisch
geordneter Gruppen wird verlassen, der starre Glanz des gol-
denen Grundes hinweggethan und dem Blick die Möglichkeit
eröffnet, in die Tiefe und Weite vorzudringen, zugleich
aber auch im vollsten Grade von dieser Möglichkeit Gebrauch
gemacht. Die ganze Welt der Erscheinungen, Himmel und
Erde, Nähe und Ferne, anmuthvolle Bergzüge, grünende
Matten, fruchtreiche Bäume, die Behaglichkeit und derSchmuck
menschlicher Wohnungen, das mannigfachste Geräth und Be-
dürfniss des Lebens, Alles wird in den Werken, zu deren
Betrachtung 'wir uns nun wenden, wiedergespiegelt. Die
menschlichen Gestalten gehören solcher Umgebung an; sie
stehen in nothwendiger Beziehung zu derselben und bilden
erst mit ihr vereint ein vollkommenes Ganze von eigenthüm-
licher Bedeutung. Die Ausführung zeugt von liebevollstem
Eingehen auf alles Einzelne und bringt es hierin zu einer
bewunderungswürdigen Naturwahrheit. Diese plötzliche
Schöpfung einer neuenlWelt ivon Gegenständen der Dar-
stellung wird man nie gross genug fassen können; es ist die
wunderbarste Ergänzung zu den Leistungen des Masaecio.
Zwar ist von der organischen Bewegung des Körpers nur
eine wenig genügende Vorstellung vorhanden (am meisten noch
bei den Stiftern der Schuldselbst); auch zeigt die Modellirung
noch mannigfache Härten; die Gewandung nimmt sogar jetzt
erst jene eckigen harten Brüche an, welche von dem schönen,
ufiiessenden Faltenwurf der vorhergehenden Periode so unan-
genehm abweichen; allein man vergisst. diese Mängel über
der harmonischen Zusammenstimmung des Ganzen, die sich
äusserlich in dem Einklange klarer leuchtender Farben und
dem Spiele des-Lichtes, innerlich in einer gemüthvollen, im
Einzelnen selbst tiefsinnigen Weise der Auffassung ausspricht,
so dass wir hier eine heitere Verklärung des irdischen Lebens
in Mitten seiner irdischen beschränkten Wrhältnisse wahr-
Zunehmen glauben. Die von jetzt an durchaus individuellen,
selbst portraitartigen Köpfe, welche keineswegs durchgängig