Volltext: Franz Kugler's Handbuch der Geschichte der Malerei seit Constantin dem Großen (Bd. 2)

nordischen 
des 
Grundzüge 
O 
Reahsmus. 
357 
sondern gerne die Pflanze in ihrer Wirklichkeit nachahmt, 
mit dem Geäder und den vielartigen Umrissen des Blattes, ja 
mit sammt der rauhen Rinde des Stammes.  
Frägt man endlich nach der Gesinnung, welche die 
damalige Kunst bestimmte, so lässt sich nicht läugnen, dass 
die kirchliche Andacht noch alle Geister beherrschte, mochte 
auch die Kirche selbst. bereits in manchen Beziehungen ange- 
fochten und durch" Krisen in eine veränderte Stellung gebracht 
Seinfi) Die Malerei trug ihr Bestes zur Verherrlichung des 
neugesteigerten Mariendienstes und der Verehrung der SChlllZZ-. 
heiligen bei; für zahllose WVeihgeschenke wurde sie bis zum 
Beginn der Reformation in Anspruch genommen; es war 
keine begüterte Familie, keine Corporation, die nicht ihr 
Altarwerk in irgend einer Kirche gehabt hätte. Sehen wir 
aber zu, wie die Kunst jetzt ihre Aufgabe löste, so zeigen 
sich überall eigene, rein künstlerische Antriebe, Welche mit 
der religiösen Bestimmung nichts zu schaffen haben, wohl aber 
als eines der vielen Zeugnisse für die Ablösung der geistigen 
Bestrebungen von der Kirche gelten können. War nian schon 
in der letzten Periode des gothischen Styles über dasjenige, 
was die Kirche von der Kunst verlangte, hinausgegangen 
(vgl. Bd. 1., S. 217 Hi), so tritt jetzt das Subjective mit aller 
Macht in den Vordergrund; Züge und Ausdruck werden nach 
Gutbetliinken der Wirklichkeit entnommen, und für alles 
Üebrige die heiterste, vielartigste Pracht der Erde, der gemiith- 
lichste, bisweilen auch der tollste Scherz, kurz eine Menge 
von Dingen in Anwendung gebracht, welche zusammen den 
Oft sehr anziehenden Eindruck einer phantastisch gesteigerten 
Existenz ausmachen, nicht selten jedoch den höhern geistigen 
Inhalt der Aufgabe völlig in den Hintergrund drängen. DieSS 
Hervortreten des Subjcctiv-phantastischen geht merkwürdig 
parallel mit einer gleichzeitigen legendarischen Weiterbildung 
der heiligen Geschichte; statt der abstrakten Symbolik der 
frühern Jahrhunderte treten jetzt die Sagen von der Sippschaft 
 Vergl. besonders Ranke, 
Reformation, Bd. 1., S. 239 u. f. 
deutsche 
Geschichte 
im 
Zeitalter 
der
	        
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