nordischen
des
Grundzüge
O
Reahsmus.
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sondern gerne die Pflanze in ihrer Wirklichkeit nachahmt,
mit dem Geäder und den vielartigen Umrissen des Blattes, ja
mit sammt der rauhen Rinde des Stammes.
Frägt man endlich nach der Gesinnung, welche die
damalige Kunst bestimmte, so lässt sich nicht läugnen, dass
die kirchliche Andacht noch alle Geister beherrschte, mochte
auch die Kirche selbst. bereits in manchen Beziehungen ange-
fochten und durch" Krisen in eine veränderte Stellung gebracht
Seinfi) Die Malerei trug ihr Bestes zur Verherrlichung des
neugesteigerten Mariendienstes und der Verehrung der SChlllZZ-.
heiligen bei; für zahllose WVeihgeschenke wurde sie bis zum
Beginn der Reformation in Anspruch genommen; es war
keine begüterte Familie, keine Corporation, die nicht ihr
Altarwerk in irgend einer Kirche gehabt hätte. Sehen wir
aber zu, wie die Kunst jetzt ihre Aufgabe löste, so zeigen
sich überall eigene, rein künstlerische Antriebe, Welche mit
der religiösen Bestimmung nichts zu schaffen haben, wohl aber
als eines der vielen Zeugnisse für die Ablösung der geistigen
Bestrebungen von der Kirche gelten können. War nian schon
in der letzten Periode des gothischen Styles über dasjenige,
was die Kirche von der Kunst verlangte, hinausgegangen
(vgl. Bd. 1., S. 217 Hi), so tritt jetzt das Subjective mit aller
Macht in den Vordergrund; Züge und Ausdruck werden nach
Gutbetliinken der Wirklichkeit entnommen, und für alles
Üebrige die heiterste, vielartigste Pracht der Erde, der gemiith-
lichste, bisweilen auch der tollste Scherz, kurz eine Menge
von Dingen in Anwendung gebracht, welche zusammen den
Oft sehr anziehenden Eindruck einer phantastisch gesteigerten
Existenz ausmachen, nicht selten jedoch den höhern geistigen
Inhalt der Aufgabe völlig in den Hintergrund drängen. DieSS
Hervortreten des Subjcctiv-phantastischen geht merkwürdig
parallel mit einer gleichzeitigen legendarischen Weiterbildung
der heiligen Geschichte; statt der abstrakten Symbolik der
frühern Jahrhunderte treten jetzt die Sagen von der Sippschaft
Vergl. besonders Ranke,
Reformation, Bd. 1., S. 239 u. f.
deutsche
Geschichte
im
Zeitalter
der