Yri
e
Ptes
Buch.
Erster
Abschnitt.
Die
Kunst
diesseits
der Alpen
im
Jahrhundert.
Vorbemerkung.
ä. 216. Wie in Italien, so Wendet sich guch im Norden
die Kunst mit. dem Anfang des XV. Jahrhunderts dem Rea-
lismus, der Darstellung der natürlichen Erscheinung zu. Sie
strebt, vermittelst eines bis ins Einzelnste durchgeführten
Studiums, ihren Gestalten eine lebendige Gegenwart, eine
selbständige, nicht mehr von äusserlichen, architektonischen
iGesetzen abhängige Gültigkeit zu verleihen. Die äussern
Bedingungen unter welchen sich dies Factum vollzog, schei-
nen auf den ersten Blick im Norden fast. dieselben wie in
Italien, beiderseits zunftmüssig geordnete Verhältnisse mit.
ihrer Abhängigkeit und Sicherheit; beiderseits bei Einzelnen
wie bei Corporationen ein unerinessliches Bedürfniss nach
künstlerischer Einfassung des ganzen Daseins, vom Altar-
bilde bis zur Spielkarte; beiderseits, und ganz besonders in
Deutschland, die reichste Ausmündung der Kunst in das
Kunsthandwerk. Allein, wie wir schon in der Einleitung
zum dritten Buche erörterten, ging die Entwickelung
im Norden einen ganz andern Weg. WVie durch einen Zau-
berspruch ist der Maler hier in einen Kreis gebannt; den er
"nicht überschreiten kann Im Einzelnen ist die Malerei
4') Der Mangel an antiken Vorbildern kommt lange nicht S0il1
Betracht, wie man wohl annimmt. lliasaceio kannte die Antike auch
nicht und drang doch zu grösster Freiheit und Hoheit durch.
Die Sinnesweise der nordischen Kunst im XV. Jahrhundert hätte von
vorn herein nichts damit anzufangen gewusst.
Kugler Malerei II. 23