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Buch III.
Italien.
Jahrhundert.
Florenz.
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des Gemäldes ein; sie sind in leicht symmetrischer Weise ins-
gemein in bestimmte Gruppen von einander gesondert, deren
rhythmische Anordnung dem Ganzen eine eigenthümliehe
Feierlichkeit giebt. Ich möchte ihr Verhältniss zu dem eigent-
lichen Gegenstande der Darstellung mit dem Chor. in der
griechischen Tragödie vergleichen. Sodann liebt es Ghirlan-
dajo, auch abgesehen von diesen Gruppen der Zuschauer, die
heilige Handlung überhaupt in das häusliche und bürgerliche
Leben der Zeit hereinzuziehen und mit dem Modecostüm der
zuschauenden Personen auch die städtische Architektur in
reichster Entfaltung und ausgebildeter Perspektive anzuwenden,
ohne jedoch, wie es beim Benozzo Gozzoli noch der Irlall war,
gerade in phantastische Zusammenstellungen auszusehweifen.
Bei alledem ist es zugleich nicht zu übersehen, dass Sitte
und Bildung jener Zeit eben durch die Kunst bereits zu einer
edlen Milde und Mässigung herangereift waren und dass so-
mit in den Bildern des Ghirlandajo, was namentlich das
Costüm betrifft, durchaus nichts Unkünstlerisches, nichts
Bizarres störend entgegentritt. Die Gestalten der Heiligen
bleiben in ihrer bekannten idealen Gewandung, zuweilen selbst
nicht ohne Reminiscenzen an den Styl des XIV. Jahrhunderts;
auch tritt hier noch ein drittes Element hervor, indem in ge-
Wissen, zumeist weiblichen Nebenfiguren sich zuweilen
Wiederum ein specielles Studium leichterer antiker Motive,
besonders in der Gewandung, zeigt. Im Ganzen leidet jedoch
die letztere noch immer an der bauschigen Schwere der vor-
hergehenden Florentiner. In der Ausführung des Einzelnen
bemerkt man zwar noch eine gewisse Strenge, vernehmlich
in den Umrissen, ohne dass dieselbe jedoch noch als ein
Mangel bezeichnet werden könnte; die Formen sind bereits
aufs Schönste vollendet, die Besonderheiten der Natur mit
glücklichem Sinne aufgefasst. In der Technik der Fresko-
malerei zeigt Domenieo Ghirlandajo eine unübertroffene
Vollendung.
Zu den frühesten Arbeiten des Ghirlandajo gehören die--
jenigen, welche er, bei Gelegenheit des schon mehrerwähn-
ten Wettkampfes, in der sixtinisehen Kapelle des Vaticans