Spätere
Venezianer.
Tintoretto.
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gleich, aber im Einzelnen stehen sie ihnen häufig würdig
zur Seite.
Der erste unter diesen ist Jaeopd Robusti, nach
dem Gewerbe des Vaters Tint.0rett0 (Färber) genannt
(geb. zu Venedig 1512, gest. 1594), eines der rüstigsten
Talente, welche die Kunstgeschichte kennt, ein Maler, der
auch die grösste Schwierigkeit nicht umging, sondern auf-
suchte und der ein vsPahres.Gefühl für das Lebendige und
Imposante besass. Wenn uns jetzt gleichwohl seine Werke
nicht immer zusagen, so liegt diess an einem fremden, un-
venetianischen Element, welches er in sich aufgenommen,
aber nicht ganz bewältigt hatte, und noch mehr an der Zeit,
Welche ihm seine Aufgabe stellte. Wir werden im nächsten
Kapitel das Nöthige hierüber rnittheilen; hier sei bloss be-
merkt, dass auch die venetianische Kunst der massenhaften
Schnellproduction anheimgefallen war, und dass gerade Tin-
toretto derselben den grössten Tribut bezahlt hat. Zwar
bleibt auch sein Bravourstyl noch immer reich an bedeuten-
den und grossen Einzelheiten; mit wenigen Farbenflecken
hat er bisweilen die lebensvollsten Gestalten und Charaktere
geschaffen: was. ihm aber entschieden fehlt, ist die künst-
lensche, von einer hohern Idee bedingte Anordnung im
Ganzen. und der Adel der Motive im Einzelnen. Seine
Composition wird nicht mehr bestimmt durch schön abge-
wogene Grade lder Betheiligung an der Handlung, sondern
ülmzihqgrosse Llßälzll- und Schattenmassen, durch eine hurtige
us.u ung des aumes; Stellungen und Bewegungen sind
unililnttelbar aus gemeinennLeben aufgegriffen, nicht ge-
Wa lt. Wenn bei Tlzmn die hochste Lebensfreudiglzeit ihren
Ausdruck in der Schönheit sucht, so begnügt sie sich hier
mit dem Ausdruck einer bisweilen rohen körperlichen Macht.
P16 Art und Weise, wie Tintoretto zu dem ihm eigen-
lhumllßllßh Styl gelangte, hing mit einem Vorwurfe zusam-
Ilfßn, welcher schon damals gegen die venetianische Malerei
1116 llnd da vorgebracht wurde. Er war eine kurze Zeit in
der Schule des Tizian, stand sich aber mit letzterem nicht
gut, und verliess ihn bald, um ein eigenthümliches Studium