Volltext: Franz Kugler's Handbuch der Geschichte der Malerei seit Constantin dem Großen (Bd. 2)

210. 
Die 
Prodenone. 
Paris 
Bordone. 
827 
sonders nach Giorgionds Werken, vermied aber dessen 
strengere Auffassungsweise, schloss sich indess später so sehr 
an Tizian an, dass seine Werke öfters dessen Namen er- 
halten konnten. Er zeichnet sich durch ein ungemein zartes 
rosiges Colorit, welches freilich schon an der Grenze der 
Weichlichkeit steht, aus; auch die Formen werden schon 
überquellend reich, der Ausdruck in Weiblichen Gestalten 
hie und da buhlerisch. Seine weiblichen Portraits, derglei- 
chen in den grösseren Kunstsammlungen (in der Galerie von 13. 
München, dem Belvedere und der Galerie Esterhazy zu 
Wien, bei Manfrini zu Venedig, in den Üffizien zu Florenz 
u. s. w.; u. s. w.) mehrere gefunden werden, sind von einer 
ungemein süssen Anrnuth, wenngleich nicht von sonderlich 
geistreicher Auffassung.  In grösseren Compositionen ist 
(er, ähnlich wie Pordenoneunicht sehr bedeutend; seineiAl- 
tarbilder, meist Madonnen mit Heiligen, haben hie und da 
etwas von der sinnlich-geistigen Aufregung Coreggids, nur 
ohne dessen Naivetät; doch sind auch hier die Köpfe vorzüg- 
lich. (Zwei dergleichen im Berliner Museum.) Sein berühm-14- 
testes Gemälde befindet sich in der Akademie von Venedigiä. 
und bezieht sich auf jenen Seesturm, den Giorgione bereits 
gemalt hatte. Hier sieht man den Fischer, Welcher gegen- 
wärtig war, als die Heiligen den Sturm gestillt, und welcher 
einen Ring, der ihm von dem heil. Marcus als Unterpfand 
seiner gnädigen Gesinnungen gegen Venedig gegeben war, 
dem Dogen in Gegenwart der Senatoren und vieler Nobili 
überreicht. Die figurenreiche Composition ist einfach und 
zeugt nicht von vielem Geist, aber sie wird durch die herr- 
liche Ausführung zur anziehendsten Wirklichkeit, wozu der 
Ausblick auf venetianische Prachtgebäude viel beiträgt. 
 Das sinnvollste iGemälde Bordonds ist vielleicht die 16. 
Sibylle von Tibur, im Pallast Pitti; noch lodert von ver- 
geblichem Opfer ein Altar, an welchen Augustus seinen Lor- 
beerkranz gelehnt hat, da tritt das begeisterte Weib (von 
schönstem tizianischen Typus) vor ihn und seine Begleiter 
hin und zeigt ihnen in der Ferne das neugeborne Christus- 
kind. Auch in der Farbe ist das Bild ein Hauptwerk des
	        
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