Domenico
Ghirlandajo.
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Guirlanden, welche er zum Kopfschmuck der fiorentinischen
Mädchen arbeitete, sehr beliebt gewesen seien und dass er
davon den Beinamen Ghirlandajo erhalten habe, welcher Bei-
name sodann auf den Sohn übergegangen ist. Anfänglich
war letzterer ebenfalls für die Goldsehmiedekunst bestimmt;
er zeigte jedoch frühzeitig sein Talent für die Malerei, indem
er schon als Knabe in des Vaters Laden die Vorübergehen-
den sprechend ähnlich zu zeichnen wusste. Als sein Lehrer
in der Malerei wird Alessio Baldovinetti, ein zwar
nicht verwerflicher, jedoch minder bedeutender Künstler des
XV. Jahrhunderts, geboren zwischen 1420 und 1430, genannt,
welcher besonders in naturgemässer Behandlung der Neben-
dinge, der Landschaft, u. s. w, vielleicht durch Handrische,
nach Florenz gekommene Bilder angeregt, weit fortgeschritten
erscheint. Im Domenico Ghirlandajo erhebt sich die künst-
lerische Richtung der Zeit zu einer eigenthümlichen Höhe;
es ist hier nicht mehr die Begeisterung für die blosse Form
an sich, für eine schöne und würdige Auffassung der Er-
scheinungen der Natur; es ist die Begeisterung für diese
Formen, für diese Erscheinungen, sofern sie der Ausdruck
grossartiger und bedeutsamer Lebensverhältnisse sind, die
Begeisterung für die Herrlichkeit und Würde des Vaterlandes,
Welches, wie oben bereits bemerkt ist, zu jener Zeit seine
schönste Blüthe feierte. Das Portrait, in der weitesten Be-
deutung des Wortes, ist dasjenige, Was in Ghirlandajois Kunst-
leistungen am Bedeutondstcn hervortritt. S0 sehen wir bei
ihm vornehmlich das Motiv, Welches wir schon bei früheren
Meistern als ein mehr zufälliges bemerkten, vollständig und
consequent durchgebildet: nemlich Bildnissfiguren Mitlebender
in den kirchlich historischen Darstellungen anzubringen, und
ihnen solchergest-alt ein ehrenvolles Denkmal zu stiften, ohne
dieselben jedoch, wie _es wohl an andern Orten (namentlich
in den Niederlanden und Deutschland) geschah, den heiligen
Gestalten selbst zu supponiren. Einfach und ruhig, in der
Tracht ihrerfzeit, stehen diese Personen als Zuschauer, ge-
wissermaassen als Zeugen, zu den Seiten der heiligen Hand-
lung und nehmen nicht selten wohl den bedeutendsten Raum