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Buch III.
Italien.
XVI. Jahrhundert.
Venedig.
209.
des
XVI.
Jahrhunderts
blühte.
Die
Porträts
dieses
Künst-
lers
sind
äusserst
lebensvoll
und
mit
höchster
individueller
Wahrheit gemalt, aber nie in einem erhöhten Zustande auf-
gefasst, daher der Körper und dessen Haltung sehr häufig
etwas Beschränktes hat (wie sich gerade der zu Portraitirende
dem Maler gegenüber zeigte, dagegen Tizians Portraits
sich fast immer durch grossartigste künstlerische Abrundung,
Ausfüllung des Raumes u. dgl. auszeichnen). In der Carna-
tion hat Moroni gewisse, ein wenig violettliche Töne, in der
Darstellung der Stoffe ist er vorzüglich. Gemälde von ihm
kommen in vielen Galerien (z. B. der venetianischen Aka-
11.demie, der Galerie Manfrini zu Venedig, den Uffizien zu
12,Florenz u. s. W.) vor; sein eigenes, sehr lebensvolles und
liebenswürdiges (und noch ein zweites nicht minder treffliches)
13. Portrait im Berliner Museum. Eins der vorzüglichsten Meister-
14.Werke ist das Bildniss eines Jesuiten in der Sammlung des
Herzogs von Sutherland (Stalfordhouse) zu London; hier ist
auch die Auffassung geistvoll und tief. In historischen Gemäl-
den ist Moroni wenig bedeutend.
Mit Moretto gleichzeitig blühte in Brescia Girolamo,
il Romanino genannt; ein Künstler, der sich ebenfalls
zumeist der venetianischen Schule anschloss, den Styl dersel-
ben jedoch Wiederum in eigenthümlioher Weise ausbildete.
Während Moretto sich durch Einfachheit und' Ruhe aus-
zeichnete, so hat dieser etwas eigen Phantastisches rund leb-
haft Bewegtes in seinen Compositionen, bisweilen wohl auch
ein grandioses Pathos, was bei der einfachen, selbst flüchtigen
Behandlung des Einzelnen noch mehr hervortritt. Bedeuten-
dere Arbeiten von ihm kommen an mehreren Orten vor, In
'15.Padua enthält die Sakristei von S. Giustina eine stattliche
mMadonna in throno. Ein todter Christus zwigghgn den
Seinigen, vom Jahre 1510, im Pallast Manfrini zu Venedig,
ist ein wahrhaft grossartiges WVerk von rühfgndenl Ausdruck
17_des Schmerzes. Ein Altarbild mit verschiedenen Heiligen,
reich an den manniehfaltigsten Nebenwerken, u. a. m., ist
im Museum von Berlin. Hier befindet sich auch die als das
Hauptwerk Romaninois geltende Kreuzabnahme aus dem Hause