313
Buch III.
Itali en,
XVI. Jahrhundert.
Tizian.
halber Figur, überaus geistvoll aufgefasst. Im Pallast Üolonna,
13.zu Rom, Onufrius Panvinius. In Cassel der Marchese del
V14_Guasto, in ganzer Figur, in phantastischem Drachenhelm und
purpurner (antikisirender) Kriegstracht, höchst vorzüglich.
15.1130 Berliner Museum, der Admiral Moro, des Meisters eignes
im hohen Alter u. s. W. Endlich ist ein mehrfach als
Charakteriigur behandeltes Bilduiss zu erwähnen, welches
Tizians Tochter Lavinia darstellen solll"). Eins der vorzüg-
16.lichsten Exemplare befindet sich im Museum von Berlin; hier
hebt das schöne, prachtvoll gekleidete Mädchen eine Schale
mit Früchten empor. Wiederholungen: die eine jetzt Wahr-
llscheinlich in Petersburg (Eremitage eine andre beim Gra-
18. fen Grey in London, wo statt jener Früchte ein Schmuck-
kästchen auf der Schale steht; ein viertes Fxemplar im Königl.
19. Museum zu Madrid; hier aber ist das Porträt zur historischen
Darstellung umgewandelt: es ist die Tochter der Herodias,
die auf einer Schale das Haupt J ohannis des Täufers trägt,
das Costüm ist freier behandelt, die Stellung leidenschaftlicher
und das Ganze ein Bild voll der ergreifendsten Poesie.
20.Auoh in der „Nymphelmit dem Satyr" des Pallastes Barbarigo
erkennt man denselben Kopf wieder.
In seinen spätesten Bildern erscheint Tizian hie und da
altersschwach; er fuhr bis in sein höchstes Alter zu malen
fort und wollte es nicht glauben, dass Auge und Sinn mangel-
hafter geworden waren. Schon die Fresken aus dem Leben
21_S. Antons, welche er und seine Schüler in der sog. Scuola
del Santo in Padua ausfiihrten, scheinen grossentheils Bravour-
arbeit seines Alters zu sein. Uebrigens ist noch in den aller-
spätesten Werken des Bewunderungswürdigen genug, des
eigentlich Störenden nur wenig, indem die Abnahme der
Kräfte sich in fäerliossenheit der Darstellung, Weniger aber
in manierirten Formen offenbart. Wie lebendig ist noch jene
22_ Verkündigung in S. Salvatore zu Venedig! der kecke, trotzig
schöne Jünglingskdpf des Engels, das Jubeltreiben der Knas
ben in ,der himmlischen Glorie können die allerdings sehr
in
ü) Uebler diese verschiedenen Darstellungen s. den Aufsatz Kuglefs
der Zeitschrift: Museum, Blätter für bildende Kunst, 1833, N0. 30.