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Buch III.
Italien.
XVI. Jahrhundert.
Tizian.
k. k. Galerie zu Wien, zu erwähnen ist. Von den Bildern
des Louvre gehört die scharf naturalistisehe vierge au lapin,
und eine sehr edle Madonna mit drei Heiligen in einer
Landschaft hieher.
Das
schönste
und
vollendetste
unter
den
Werken
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Tizians früherer Periode, eins seiner schönsten überhaupt,
ist der Christus mit dem Zinsgroschen (Cristo della Zlloneta)
den er für den Herzog von Ferrara, malte, jetzt in der
Dresdner Galerie befindlich. Alles vereinigt sich in dem
Kopfe des Christus zur edelsten Wirkung; Schmelz der
Fleischtöne, zarte Behandlung des Haares und Bartes, An-
muth der Lippen, und das Glänzende des Auges mit der
Milde des abweisenden Blickes. Trefflich ist der Gegensatz
in dem schlauen Pharisäer.
Unter
den
Werken
aus
Tizians
entwickelter
Periode
nenne ich nur die bedeutendsten und berühmtesten. Zuerst
diejenigen, welche der heil. Geschichte angehören. Eins der
9. vorzüglichsten ist die grosse Himmelfahrt Maria, die aus
der Kirche S. Maria gloriosa de, frari in die Akademie von
Venedig hinübergeführt ist. Es ist ein wunderbar mächtiges
WVeib, das in göttlichem Sturm emporgetragen wird; hier ist
Alles schön, Kopf, Gestalt, Stellung, Faltenwurf, Pracht und
Licht der Farbe. Reizende Gruppen von Kinderengeln um-
geben sie. Unten stehen die Apostel, die in feierlichen Be-
wegungen emporschauen; doch scheinen diese Figuren im
Ausdrucke nicht ganz unbefangen. Eine andre Himmel-
uyfahrt der Maria, aber nicht von solcher Bedeutung, ist im
Dome von Verona. Schön ist es, wie hier die Maria ein-
sam, ohne weitere Umgebung von Engeln, von den Wolken
aufgehoben wird.
Bei weitem aber das treftliehste der hieher gehörigen
11_Bilder ist eine Grablegung Christi im Pallast Manfrini zu
Venedig. Es ist ein höchst Vollendetes Meisterwerk, viel-
leicht das bedeutendste unter Tizians Bildern und die edel-
ste Darstellung dieses Gegenstandes." Hier ist das körper-
liche Geschäft des Tragens trefflich angeordnet, zugleich aber
der geistige Schmerz zum eigentlichen Mittelpunkte der