Giorgione.
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Auch ein mythologisches Bild, die von einem Satyr verfolgte 20-
Nymphe, eine Halbügur von grosser unbefangener Schönheit,
wird im Pallast Pitti dem Giorgione zugeschrieben.
Aber auch historische Gegenstände der heil. Geschichte
werden unter Giorgionds Hand zwar nicht zu Genrebil-
dern, denn dafür ist seine Auffassung zu gross wohl aber
zu romantischen Novellen von unsäglichem Reiz. Hieher ge-
hört eines seiner Meisterwerke, welches sich in der Galerie21.
der Brera zu Mailand befindet. Es stellt die Findung Mosis
dar, alle Figuren aber in dem reichen, venetianischen C0-
stüme, welches gerade zu Giorgione's Zeit galt. In der
Mitte, unter einem Baume sitzt die Prinzessin, voll Verwun-
derung auf das Kind blickend, welches eine Dienerin ihr
überreicht. Der Seneschall der Prinzessin, Ritter und Damen
stehen daneben. Auf der einen Seite sitzt ein Liebespaar
im Grase und weist auf den Vorgang hin, auf der andern
Musikanten und Sängerinnen, Pagcn mit Hunden und ein
Zwerginit einem Affen. Es ist ein Bild, in welchem sich
alle höchste Erdenpracht und Lust xiereinigt und darin der
biblische Vorgang eben nur ein anziehenderes Interesse hin-
einbringt. Das der Geschichte widersprechende Costürn ist
hier so wenig störend, wie auf andren venetianischen Bildern
jener Zeit, indem es hiebei nicht auf eine nüchtern historische,
sondern mehr auf eine poetische Wahrheit abgesehen und die
Gegenwart reich genug an Poesie war, auch ihr Costüm ge-
rade die Entfaltung einer eignen romantischen Pracht ge-
stattete. Dies Bild hat, bei aller Gluth der Farben, übrigens
bereits etwas WVeicheres in der Malerei und erinnert hierin
schon an Giorgionds glücklicheren Nebenbuhler, Tizian, der
nicht, wie jener, mitten im Laufe seines schönsten Strebens
durch den Tod abgerufen wurde. Ein ähnliches kleines 22.
Bild in der Form eines Frieses beündet sich im Pallast
Pitti. Mehrere kleine biblische Geschichten, wahrschein- 23.
lieh aus frühster Zeit und nicht ohne mannigfache Härten,
weibliche Köpfe, die
nedig zugeschrieben.
darstellend,
Musen
im Pallast Barbarigo
zu Ve-