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Buch III.
Italien.
XVI. Jahrhundert. Venedig.
201.
tigsten Aeusserungen des Lebens in sich trägt. Dies zeigt
1- sich zunächst in seinen Portraits und Charakterköpfen. Vor-
züglich schöne Portraits von ihm befinden (oder befanden)
sich in der Galerie Manfrini zu Venedig, namentlich eins,
das eine Dame mit einer Laute iim Arme darstellt, und ein
zweites, darin man einen vornehmen Venetianer sieht, der
sich zu einer Dame umwendet, und auf der andern Seite
2- einen zierlichen Pagen. Sehr ausgezeichnet ist auch Gior-
gione's eignes Portrait in der Münchner Galerie, ein Kopf
voll bewegter Leidenschaftlichkeit, und mit einer eignen
Melancholie in dein dunkelgliihenden Auge. (Ein Brüder-
paar in Schwarz, der eine einen Brief lesend, anscheinend
3- Geschäftsleute, im Berliner Museum). Charakterfiguren,
wie sein Saul und David in der Galerie Borghese zu Rom;
4- David mit dem Haupte des Goliath in der kaiserl. Galerie
zu Wien u. s. w. kommen mehrfach vor. Man kann oft in
Zweifel sein, 0b man ein eigentliches Portrait oder einen
Charakterkopf, oder ein Genrebild vor sich hat, so sehr ver-
stand es Giorgione, das menschlich Bedeutende und desshalb
5- Allgemeingültige an seinen Gestalten hervorzuheben. Dahin
gehört z. B. das „Concert" in der Galerie Pitti (zwei Geist-
liche, welche Klavier und Violoncell spielen, und ein Jüng-
6- ling); der Musikmeister der einen Knaben singen lehrt, in
7- der Nationalgalerie zu London; das Bildniss eines Kriegers
8. nebst einer andern Figur, in den Uffizien zu Florenz; ein
schönes Mädchen, welches die Hand auf die Schulter ihres
9- Geliebten legt, in der Sammlung Ashburton zu London; die
Tochter der Herodias mit dem Haupte des Tätifers, im
Louvre, (bestritten) ein anderes Exemplar in der Baring'schen
10. Sammlung zu Stratton; zwei wunderbar reizende Frauen-
köpfe in der Sammlung zu Castle Howard, u. a, mit),
Von seinen Andachtsbildern befindet sich das grösste
und ausgezeichnetste in der Solly'schen Sammlung zu Lon-
11.d0n: Maria unter einem Baldachin in einer Landschaft thro-
ü) Ueber das
S av o 1 do.
bei
des Gaston de- Foix siehe unten S. 321
angebl. Portrait