Volltext: Franz Kugler's Handbuch der Geschichte der Malerei seit Constantin dem Großen (Bd. 2)

256 
Buch III. 
Italien. 
XVI. Jahrhundert. 
Rafael. 
188. 
anmuthigeren Gruppen eine fast vollkommene Gleichgültig- 
keit gegen schöne edle Form und reine Farbe (was nicht 
allein die Schuld derausführenden Schülerhiinde sein kann), 
und eine Gemeinheit. der Auffassung, die in einzelnen Dar- 
stellungen (das Bild der Olympial) in der That nicht weiter 
getrieben werden kann. 
Von Staffeleibildern Giulids ist nicht Vieles vorhanden. 
Ausser den oben erwähnten Bildern seiner frühern Zeit sind 
10; vornehmlich einige schöne grosse Bilder mythischen Inhalts 
(ehemals in der Galerie Uanfrini zu Venedig) zu erwähnen, 
die zwar in der Gesammtattldassung wiederum etwas. Nüch- 
ternes, im Einzelnen aber vielfach anmuthige Züge enthalten. 
11.- In der Sakristei von S. Peter zu Rom findet sich eine 
ÄMadonna, Halbfigur, mit den beiden Kindern, Welche zu sei- 
12.nen frühern, sorgfältigem Werken gehört; schon manierirter 
ist die Geisselung Christi in der Sakristci von S. Prassede in 
Rom, eine Gruppe von drei fast nackten Gestalten in ziegel- 
13.rothem Fleischton.  ImLouvre ist Giulio durch mehrere 
sehr bezeichnende YVerke repräsentirt: eine tüchtig gemalte 
Maria mit den beiden Kindern; das höchst energische Por- 
trait des Künstlers; eine tretfliche Darstellung des Triumphes 
des Vespasian und Titus; endlich eine grosse, figurenreiche 
Beschneidung Christi, in welcher die entschlossene Praxis des 
14. Künstlers bereits in arge Manier übergeht.  Zwei Madon- 
 nen, nach einem etwas robusten hiodell, mit muthwillig aus- 
schreitenden Christusknaben, in der Galerie Borghese zu Rom; 
eine ähnliche im Pallast Colonna, alle drei wohl aus früherer 
Zeit.  Mehrere, zumeist nicht sonderlich bedeutende Bilder 
labeünden sich in verschiedenen Sammlungen Englands; ein 
Wichtigesbei Lord Northwick in iLondonz die Erziehung Ju- 
piters unter Nymphen und Corybanten, eine geistvolle, kühn 
poetisch aufgefasste Scene, in reicher Uferlandschaft, von 
ileissiger Ausführung und kraftvoller Färbung. 
Die zahlreichen Schüler, welche Giulio in Mantua bildete, 
fuhren in der unerfreulichen Weise des Meisters fort, die sie 
im Einzelnen übertrieben, zuweilen indess auch durch Ein- 
fachheit und Naturwahrheit milderten. Unter den bedeu-
	        
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