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Sandro
Bottieelli.
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zeichnend für Sandrds Leidensehaftliehkeit ist eine Darstellung 5-
der Geburt Christi in der Sammlung von Young Ottley zu
London; die Engel tanzen hier in der Luft einen Reigen, die
herannahenden Schäfer werden von ihnen festlich bekränzt
und heftig umarmt; drei Teufel entweichen in ohnmächtiger
Wuth. Ausserdem besitzt die Akademie zu Florenz ein 6-
grosses Altarbild, eine Krönung Maria und darunter die vier
Doktoren der Kirche, deren Köpfe ausgezeichnet gemalt Sind-
Bedeutendei- noch tritt der obenerwahnte phantastische 7-
Hang Sandrois in seinen eigentlich historischen Bildern her-
vor und vornehmlich in denjenigen, welche die Behandlung
antiker lllythe und Allegorie in die moderne Kunst einzu-
führen beginnen, Ein genauer Nachweis über das häufigere
Eintreten dieser Gegenstände in die Kunst, wogegen Savona-
rola's spätere Reaction erfolglos blieb, wäre für die Cultur-
geschiehte nicht. ohne Werth; hier genügt es indess zu wissen,
dass die ital. Malerei darin der nordischen voranging und
dass neben der Schule des Squarcione gerade Sandro einer
der ersten war, welcher dergleichen mit Vorliebe behandelte.
Einen eigenen mährchenhaften Reiz übt z. B. ein Bild dieser
Art in den Uftizien zu Florenz: Venus, nackt auf einer
Muschel über die Fluth dahineilend, wird von zwei sich um-
sehlingenden Windgöttern unter einem Regen von Rosen ans
Gestade geblasen, wo unter Lorbeerbüschen eine reichge-
schmückte Dienerin einen rothen Mantel für sie bereit hält.
Doch verliert der Künstler sich hier nicht selten in Manier. 3-
Dahin gehören vornehmlich gewisse kleinere, sehr sauber ge-
malte Tafeln, wie z. B. seine allegorische Darstellung der
Verläumdung (nach Lueians Bericht über ein Gemälde, welches
Apelles ausgeführt hatte) in der Galerie der Üfiizien zu
Florenz; ein Bild, welches die Wunder und den Tod des
heil. Zenobius enthält, in der Sammlung cdes Herrn v. Quandt
Zu Dresden u. a. m. Eine nackte Venus im Museum VOR
Berlin ist ziemlich nüchtern und reizlos. Als Wendmfller 9-
Zeigt sich Sandro in der Sixtinischen Kapelle des Vatican zu
Rom, welche Kapelle unter Sixtus IV. erbaut und an ihren
Wänden von den berühmtesten Malern der Zeit mit Fresken