184.
Sixtinische
Madonna.
Heil.
Cäeili a.
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pelbeziehung des Bildes zu der Gemeinde aussprechen. Ein
zurückgeschobener Vorhang sehliesst das Bild nach beiden
Seiten ab, nach unten eine leichte Brüstung, auf Welcher sich
zwei liebreizende Engelknaben aufliehnen. Maria ist hier eins
der wunderbarsten Wesen, welche aus RafaeYs Pinsel her-
vorgegangen sind; sie ist zugleich das hohe göttliche Weib,
welches den Erlöser der Welt geboren hat, zugleich die zarte
Erdenjungfrau, deren Delnuth und Reinheit eines so hohen
Preises gewürdiget ward. Es liegt in ihrem Gesichte etwas
Unbegreiiiiehes, ich möchte sagen, ein schüchternes Staunen
über das Wunder der eignen Erhöhung und doch nicht min-
der die hohe Freiheit und das Bewusstsein dieses göttlichen
Zustandes. Der Knabe, der kindlich, aber nicht kindisch
nachlässig, in ihren Armen ruht, blickt ernst. hinaus auf die
Welt; nie wurde wieder, wie in den Zügen dieses Kindes,
die Liebliehkeit der Jugend mit dem Ernst und den tiefsin-
nigen Gedanken des heiligsten Berufes in gleich ergreifender
VVeise vermählt. Das Auge des Beschauers kann sich nur
mit Mühe von dem tiefen Eindrücke dieser beiden Gestalten
losreissen, um auch die grossartige Würde des heiligen Pap-
stes, die demüthige" Ergebung der Barbara, die freundliche
Unschuld der beiden Kinderengel, Welche sich der Haupt-
gruppe in befrietligendster Weise anschl-iessen, zu betrachten.
Dies Werk ist, ein seltenes Beispiel unter den Arbeiten
aus Rafaehs spliterei' Zeit, ganz von seiner eigenen Hand
ausgeführt. Kein Entwurf, keine Studie zu demselben (da-
nach sich ein mitarbcitender Schüler hätte richten können),
kein nach solchen verfertigter alter Kupferstieh ist jemals an's
Licht gekomlnen; im Gcgentheil lasst die Technik des Bil-
des selbst auf's deutlichste erkennen, dass dasselbe vollstän-
dig Ohne weitere Vorbereitung gemalt ist. Ja es fehlt. auch
nicht an den Anzeichen auf dem Bilde selbst vorgenommener
Aenderungen, wie namentlich die beiden Kinderengel am
FUSS desselben deutlich erst als ein späterer Zusatz des Mei-
SterS zu erkennen sind. Nach Vasarfs Bericht malte Rafael
diesBild für den Hauptaltar der Mönche des heiligen Sixtus
ZU Piaeenza; wenigstens befand es sich daselbst zu seiner