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Buch III.
Italien.
XVI. Jahrhundert.
Rafael.
184.
ursprünglich für die Kirche S. Domenico in Neapel (um das
Jahr 1513) gemalt f). Das Bild stellt Maria mit dem Kinde,
auf dem Throne sitzend, dar; auf der einen Seite den heili-
gen Hieronymus, auf der andern den Schutzengel mit dem
jungen Tobias (der einen Fisch tragt). Der Künstler hat das
Bild zum Gegenstande einer wundersam idyllischen Handlung
gemacht. Hieronymus nämlich, auf der Stufe des Thrones
knieend, hat der Mutter und dem Kinde aus einem Buche
vorgelesen, bei Welcher Beschäftigung sie durch die Eintreten-
den unterbrochen werden. Sich gegen diese wendend, legt
Christus die Hand auf das Buch, gleichsam die Stelle fest-
zuhalten, bei welcher die Unterbrechung eingetreten war.
lWIaria wendet ihr Angesicht zu dem Engel, welcher den Tobias
verführt, während sich dieser, schüchtern zu dem göttlichen
Knaben aufblickend, auf die Kniee niederlässt. Hieronymus
blickt über das Buch auf die Ankömmlinge, gleich einem, der
bereit ist, nach Ablauf der Störung in seinem Geschäfte fort-
zufahren. Alle Gestalten dieses Bildes haben das Gepräge
der holdesten WVürLle, der edelsten Anmuth. Die Hoheit und
Milde in der Gestalt und in den Zügen der Maria, die liebe-
volle Zuneigung des Kindes, der nachdenkliche Ernst des
Hieronymus, die leichte, vorgeneigte Gestalt des Engels, die
unausspreehlich reizende Naivetät des Tobias bilden ein Gan-
zes von schönster Harmonie, voll der edelsten Nachwirkung
auf das Gemüth des Beschauers.
Das bedeutendste dieser drei Werke ist die Madonna
des heil. Sixtus, in der Galerie zu Dresden, 1111111518 ge-
nlalt. Hier erscheint Maria als die wirkliche Königin der
himmlischen Heersehaaren, im Glanze einer Glorie von un-
zähligen Engelskölafen auf Wolken schwebend, den ewigen
Sohn in ihren Armen. Zu ihren Seiten knieend der heilige
Sixtus und die heilige Barbara, welche beide wieder die Dop-
ä) Und zwar für diejenige Kapelle derselben, wo besonders um
Heilung von Augenübeln gebetet wurde. Damit erklärt sich die Her-
beiziehilng des jungen Tobias mit dem Fisch, welche den Auslagern
so viele Mühe gemacht hat. St. Hieronymus seinerseits hat einen
Cummentar des Buchs 'l'obias geschrieben.