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Buch III.
Italien.
XVI. Jahrhundert.
Rafael.
183.
Bewegung und in die Höhe blickend dargestellt. Im Hin-
tergrunde ein Vorhang, daher der Titel des italienischen
Exemplars.
ä. 183. Eine Reihe ähnlicher, zum Theil reieherer Dar-
stellungen gehört der späteren Zeit des Meisters an. In ihnen
tritt. indess mannigfach die Arbeit seiner Schüler hervor, die
nach seinen Zeichnungen malten und deren Tafeln im Ein-
zelnen nur von Rafael beendet wurden. Ja, verschiedene der
Bilder dieser Art sind vielleicht nur als Bilder seiner Schule
zu betrachten, aus der Zeit, da diese noch unter der unmit-
telbaren Führung des Meisters sich bewegte und seinen Geist
in den eignen Werken noch in merkwürdiger Weise wieder-
zuspiegeln vermochte.
1. Hieher gehört zunächst die Vierge aux candelabres,
wo der sitzenden Madonna zwei Engel mit Fackeln zur Seite
stehen. Dieses Rundbild ist im Jahre 1840, vom Herzog von
Lucca nebst andern Kunstsehätzen seines Pallastes nach Eng-
2. land verhandelt worden. Die Madonna dell, impan-
nata, im Pallast Pitti zu Florenz, lässt im Wesentlichen
auch nur Schülertechnik erkennen. Sehr schön sind die bei-
den heiligen Frauen, welche das Kind verehren, dagegen dem
kleinen Johannes, der im Vorgrunde sitzend auf dasselbe
hinweist, die leichte Naivetät RafaePs mangelt. Doch ist der
Körper des Christkindes weich und zart gemalt und hier
lässt sich wohl RafaePs eigene Hand vermuthen. Den Na-
men führt das Gemälde (welches, beiläufig bemerkt, mehr
denn andre heilige Familien RafaePs im Charakter eines
Altarbildes componirt ist) von dem im Hintergrunds befind-
3_ liehen Vorsatzfenster. Die Madonna del passeggio in
der Bridgewater-Galerie zu London (früher in der Galerie
Orleans, noch früher in der der Königin Christine von Schwe-
den) scheint von F rancesco Penni gemalt. Sie Stellt 31211-13.
mit dem Kinde, lustwandelnd in einer Landschaft dar, und
den kleinen Johannes, welcher im BegrifF ist, den Gespielen
zu küssen. Die Gruppe der Kinder ist ungemein anmuthig,
fast wie aus RafaePs florentiniseher Periode, die Gewandung
der Maria aber schwer und eher den Arbeiten späterer Künst-