182.
Madonnen
frühem
der
römischen
Zeit.
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darüber hin: Maria ist nicht nur die liebevolle Mutter, sie
erscheint zugleich fast immer in zarter jungfräulicher Schüch-
ternheit und doch als die Gebenedeite, die den Herrn ge-
boren hat; der Christusknabe ist nicht nur ein heiteres un-
befangenes Kind, ein ahnungsvoller Ernst drückt sich zugleich
in seinen Zügen aus, der seinen künftigen hohen Beruf vor-
deutet. Die mannigfachen Darstellungen dieses Gegenstandes
lassen übrigens, wie sie den verschiedensten Wechsel in der
Zahl, in Stellung und Gruppirung der dargestellten Personen
enthalten, bald eine mehr naive, bald eine tiefere Auffassung
vorherrschen und gewähren so die interessantesten VergleiÄ
chungspunkte. Nicht alle jedoch sind von RafaePs eigner
Hand durchgeführt; manche sind wohl nur nach seinem Ent-
wurfe und in seinem Atelier gemalt und nur die letzte Voll-
endung sein Eigenthum; manche auch, die seinen Namen
führen, sind nur Werke seiner Schule, die im Geiste des
Meisters zu arbeiten strebte.
Unter
diesen
Vverken
zeichnen
sich
vornehmlich
die-
jenigen aus, welche den früheren Jahren von Rafaels Aufent-
halt in Rom angehören. Dies sind, wie sich bei seiner stren-
geren Beschäftigung in dieser Zeit schon an sich voraussetzen
lässt, einfache Compositionen von nicht sonderlich bedeuten-
dem Format; in der Ausführung jedoch von unendlicher Liebe
zeugend und mehr oder minder noch einen Nachklang jener
früheren Innigkeit aufbewahrend. Namentlich sind hier die
folgenden Gemälde anzuführen.
Madonna aus dem Hause Aldobrandini (zu 1.
Rom), aus dem Besitz der Familie Garvagh zu London 1866
für 9000 Pfd. St. in die dortige Nationalgalerie übergegangen.
Maria sitzt auf einer Bank, indem sie sich liebend zu dem
kleinen Johannes neigt und mit der linken Hand seinen
Rücken umfasst. Johannes reicht freudig nach einer Nelke
Q111POY, die ihm das Christkind, auf dem Schoosse der Mutter
Sltzend, anrnuthvoll darbietet. Hinter der Maria der Pfeiler
6111er Arcade, zu dessen Seiten Aussicht. in die Landschaft,
Das Ganze bildet. eine Gruppe von der höchsten Lieblichkeit
und Zartheit Das Bild ist im Wesentlichen W0l1l erhalten.
liuglei- Malerei II. 15