Volltext: Franz Kugler's Handbuch der Geschichte der Malerei seit Constantin dem Großen (Bd. 2)

194 
Buch III. 
Italien. 
XVI. 
Jahrhundert. 
Rafael. 
176. 
welche Inschrifttafeln, mit Bezeichnung der einzelnen Dar- 
stellungen, tragen. Die Gestalt der Poesie ist durch Schön- 
heit unter diesen allegorischen Figuren vorzüglich ausgezeich- 
net; ihr Gesicht trägt den Ausdruck eines süssen Behagens, 
einer ruhigen heiteren Begeisterung. 
Die viereckigen Seitenbilder enthalten: 1) Neben der 
Theologie, die Darstellung des Sündenfalls, ein Bild von 
höchst einfacher, reizend harmonischer Composition,  wohl 
die schönste Darstellung dieses Gegenstandes; 2) Neben der 
Poesie, die Strafe des Marsyas;  Neben der Philosophie, 
eine weibliche Gestalt, welche den Erdball betrachtet; 4) Ne- 
ben der Jurisprudenz, das Urtheil des Salomo").  Alle 
acht Bilder sind auf Goldgrund von scheinbarem Mosaik 
gearbeitet; sie erinnern in einzelnen Zufälligkeiten, vornehm- 
lich einigen Besonderheiten der Carnation (z. B. den grün- 
liehen Mitteltinten), noch an die früheren Entwickelungsstufen 
RataePs.  
Die 
Wandgemälde. 
Jene allegorischen Gestalten der Decke bilden gewisser- 
maassen die Titel zu den grossen Bildern der Wände, denen 
sie zunächst stehen. Diese sind, im Einzelnen, folgender Ge- 
stalt angeordnet. 
l) Die Theologie (nach einer unrichtigen Auffassung 
„la Dispute del Saeramento" genannt). Das Bild zerfällt in 
zwei Haupttheile. Die obere Hälfte stellt die Glorie des 
Himmels, nach alterthümlich feierlicher Anordnung, dar. In 
a) Nach einer von Passavant  S. 139 u. f.) mitgetheilten 
sinnigen Deutung haben diese Zwisehenbilder eine doppelte Beziehung 
sowohl zu dem vorhergehenden als zum folgenden Rundbilde. So er- 
innert z. B. der Sündenfall (zwischen Jurisprudenz und Theologie) 
ebensowohl an das Gericht wie an die künftige Erlösung; die Strafe 
des Marsyas ist zugleich der Sieg der Kunst und (nach einer Anspie- 
lung auf Dante, Paradies I., Vs. 19) das Symbol höherer Wieder- 
geburt; ebenso deutet die den Weltball betrachtende Gestalt nicht min- 
der auf die Philosophie als auf die Poesie; endlich vermittelt das Ur- 
theil Salomds vortrefflich die Weisheit mit dem Recht.
	        
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