188
Buch
III.
Italien.
XVI.
Jahrhundert.
Rafael.
175.
in der Galerie der Eremitage zu Petersburg befindet, scheint
noch etwas früher entstanden zu sein. Wenigstens wird in
dem Kopf des heil. Joseph, der auf das Kind niederbliekt,
ein gewisses naturalistisehes Bestreben sichtbar, wie nicht mehr
in RafaePs späteren Werken und wie es wohl dem Einflusse
des ihm befreundeten Fra Bartolommeo zugeschrieben Wer-
11.den dürfte. im Oratorium des Eseurial findet sich eine
Madonna, welche nach einem Motiv Leonardois das auf einem
Lamme sitzende Kind hält, während Joseph auf seinen Stab
gestützt zuschaut. Das Bild ist bloss untermalt unduwahr-
seheinlich eines von denjenigen, welche Rafael bei seiner Ab-
reise nach Rom unvollendet zurückliess.
12. Eins der vorzüglichsten Gemälde aus der späteren floren-
tinisehen Zeit RafaePs (etwa 1507) ist die heilige Catha-
rina in der Nationalgalerie zu London, früher in der Galerie
Aldobrandini zu Rom. Die Heilige steht in halber Figur
vor dem Beschauer, auf das Rad gelehnt, und blickt in himm-
lischer Begeisterung dem niederstrahlenden Lichte entgegen.
Nur wenigen der grössten Meister ist es geglückt, diese Stim-
mung so Wahr, lebendig und entzückend darzustellen.
Ausser diesen sämmtlichen, mehr für die häusliche An--
dacht bestimmten Bildern fertigte Rafael zu Florenz noch
13,zwei grössere Altartafeln. Die eine derselben ist die Ma-
donna von Pescia (Mad. del baldacchino), in der Galerie
des Palastes Pitti zu Florenz. Maria mit dem Kinde auf"
dem Throne, die Heiligen Petrus und Bruno, Antonius und
Augustin auf dessen Seiten; zwei Engelknaben, die einen Per-
gamentstreifen mit Noten in den Händen halten, zu den
Füssen des Thrones; über demselben ein Baldachin, dessen
Vorhänge von zwei fliegenden Engeln in die Höhe gehalten
werden. Das Bild ist nicht ohne eine gewisse kirchliche
Grossartigkeit, vorzüglich in den Gewändern der Heiligen
(namentlich ist der heil. Bruno grandios), im Uebrigen jedoch
zeigt sich auch hier jene naturalistische Richtung der Floren-
tiner vorherrschend, und die Köpfe sind zumeist ohne Adel
und innere Würde. In der Carnation erinnert das Bild be-
träehtlich an Fra Bartolommeo. Üebrigens liess- Rafael das-