Volltext: Franz Kugler's Handbuch der Geschichte der Malerei seit Constantin dem Großen (Bd. 2)

175. 
Zweiter üorent. 
Aufenthalt. Heil. Familien, Altarbilder. 
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ist, gehört wohl in diese spätere florentinische Zeit: Maria 
hält auf ihrem Schooss das lebhaft bewegte Christuskind und 
reicht ihm eine Nelke dar, nach der es freudig greift; hinten 
sieht man durch ein Fenster ins Freie. Ein Schulbild dieses 
Inhaltes besass Cav. Camuccini, eine höchst vorzügliche, wie 
es scheint freie Wiederholung, wahrscheinlich von der Hand 
Sassoferratds, befindet sich in der Sammlung des Hrn. 
B. Mäglin in Basel. 
Eine grössere Darstellung der heiligen Familie, 9. 
etwa aus der mittleren Zeit von RafaeYs Horentinischer Periode, 
befindet sich in der Pinakothek von München. In der Com- 
position dieses Bildes tritt dem Beschauer das besondere Stu- 
dium einer künstlichen Gruppirung entgegen. Maria, in 
knieend sitzender Stellung auf der einen Seite des Bildes, 
vornübergeivandt, vor ihr das Christkind; auf der andern Seite 
Elisabeth, in ähnlicher Stellung, vor ihr der kleine Johannes. 
Plinter den Frauen Joseph, stehend und die Gruppe in stren- 
ger Pyramidenform schliessend. Obgleich indess diese Ab- 
sichtlichkeit der Composition") dem Ganzen etwas läefangenes 
giebt und auch Andres noch den minder vollendeten Künstler 
erkennen lasst, so entwickelt sich doch auch hier wiederum 
eine Fülle schöner Einzelheiten,- und ist durch das Spiel der 
Kinder, denen die Aeltern in verschiedener WVeise zuschauen, 
die Anordnung wenigstens innerlich in ansprechender Weise 
motivirt.  
Eine andre heilige Familie, halbe Figuren, die sichlo. 
t) Als oben in dcn Wolken noch" die sechs Engelköpfe sichtbar 
Waren, mochte dieselbe weniger auffallen. (Eine noch in der Düssel- 
dorfer Galerie vorgenommene sog. Restauration hat jene Köpfe ver- 
Schwinden machen).  Im Palast Corsini zu Rom befindet sich eine 
heil. Familie, welche dem Fra Bartolommeo zugeschrieben wird und 
faft genau dieselbe Composition, nur ohne die heil. Elisabeth 
Wlederholt, sodass die in dem Münchner Bilde so fest geschlossene 
Gruppe auf unangenehme Weise auseinander fällt. Ohne Zweifel liegt 
hier die Priorität der Composition auf der Seite RafaePs, und ich 
möchte gerne glauben, dass das Bild im Palast Corsini, schon, wegen 
seiner etwas manieriiten Ausführung, nicht von Bartolommeo selbst, 
Sondern vonpinem seiner Schüler dem rafaelisehen nachgeahmt. sei.  B.
	        
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