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Buch III.
Italien.
XVL Jahrhundert.
Rafael.
zur Seite. Leider hat das Gemälde ungemein gelitten und
ist stark übermalt. Eine alte Copie, welche öfter den
Besitzer gewechselt hat, wird mit Unrecht für das Original
ausgegeben ,v und ist wahrscheinlich das Werk eines Nieder-
länders.
Interessant ist es, den Entwickelungsgang RafaePs in den
kleineren Bildern, welche er in Florenz gemalt, halben
Figuren der Nladonna mit dem Kinde auf dem Arm, zu
beobachten. Auch hier beginnt deren Reihenfolge mit Bil-
dern, welche den Ausdruck des zartesten innigsten Gefühles
tragen, und schliesst mit solchen, in denen mehr freie Heiter-
.5. keit und Lebenslust vorherrscht. Den Anfang dieser Reihe
macht die Madonna aus dem Hause Tempi (zu Flo-
renz), in der Pinakothek zu München. In diesem Bilde drückt
Maria das Kind, welches sich an sie schmiegt, mit zarter In-
nigkeit an sich und scheint ihm leise Worte der Liebe zu-
zuflüstern. In diesem Bilde ist Maria stehend dargestellt,
in den drei folgenden sitzend, indem das Christkind, aus dem
Bilde hinausblickend, auf ihrem Schoosse sitzt und den Busen-
6. besatz ihres Kleides fasst. Das schüchternste dieser Art ist
ein kleines Bildchen, welches sich (aus der Galerie Orleans
stammend) vor Jahren bei dem Kunsthändler Neuwenhuys
zu London befand und vielleicht noch im Handel ist.
Reizend und zur edelsten Harmonie entwickelt sind diese
Motive kindlicher Lust und mütterlicher Zartheit in dem
7. leicht, aber ungemein geistreich gearbeiteten Bilde aus dem
Hause Colonna (zu Rom), jetzt im Museum zu Berlin.
Das dritte, im Besitz des Grafen Cowper zu Pansanger in
England, mit der Jahrzahl 1508 bezeichnet, grenzt dagegen
in dem kecken, knabenhaften Ausdrucke des Kindes an
Manier, wenngleich auch hier das Antlitz der Madonna von
s. grosser Lieblichkeit isti"). Auch die schöne Composition
der Madonna mit d e r Nelke, deren Original Verschollen
höchst anziehende Madonna
ist nach Waagen (Kunstblatt
Eine andere
derselben Sammlung
ältern Datums.
mit dem Kinde in
1857, S. 206) etwas