Volltext: Franz Kugler's Handbuch der Geschichte der Malerei seit Constantin dem Großen (Bd. 2)

173. 
Aufenthalt 
Urbino 
in 
und 
Florenz. 
179 
(Der Stab, den Joseph in der Hand trägt, hat Blüthen ge- 
trieben, und ihn solchergestalt, der Legende zufolge, unter 
den Freiern auserwählt.) Im Hintergrunde das hohe, säulen- 
geschmückte Gebäude des Tempels. Die Gestalten sind, bei 
dem mannigfach Streifen und Befangenen der alten Schule, 
doch edel und würdig, die Gesichter voll süsser Schönheit 
und jener zarten sehwärmerisehen Wehmuth, die der Dar- 
stellung dieses (iegenstandes einen eigenthümliehen Reiz ver- 
leiht, während sie bei andern, mehr bewegten Darstellungen 
störend wirkt.  In Urbino malte Rafael im Jahre 1504-18. 
einen „Christus am Oelberg", früher im Besitz des Fürsten 
Gabrielli zu Rom, jetzt im Besitz des Engländers Fuller Mait- 
land, ein Bild von. feinster Ausführung und edler Compa- 
sition. Merkwürdig ist. hier die innere Befangenheit des 
Künstlers in dem Anschauungskreise seiner Schule: Judas 
und die Sehaar der Häseher sind ebenfalls liebliche und wür- 
dige Gestalten geworden und scheinen nichts weniger als 
Verrßill und Gewaltthat im Schilde zu führen.  Auch die 19. 
zwei zierlichen Ritterbildchen im Louvre, S. Georg und S. 
Michael, scheinen in dieser Zeit für den Herzog von Urbino 
gemalt zu sein. Georg, eine edle, schlanke Gestalt auf weis- 
sem Pferde, greift den Drachen, den er schon mit der Lanze 
idurchbohrt hat, mit dem Schwerte an; in der Landschaft des 
Hintergrundes sieht man die befreite Prinzessin.  Der 
jugendlich schöne, gepanzerte Erzengel Michael auf den Hals 
des Drachen tretend, haut mit dem Schwerte nach demselben; 
in der nächtlichen Landschaft. mancherlei Ungethüm, eine 
brennende Stadt, und verdammte Seelen von Schlangen ge- 
quält, an den VIII. und XXIII. Gesang von Dante's Hölle 
er.innernd. Die Ausführung beider Bildchen ist höchst 
sorgfältig und dabei leicht und kühn; das des Georg hat _ 
leider sehr gelitten und ist bedeutend übermalt.  Noch in 20. 
das vorhergehende Jahr wird der „Traum des Ritters" ver- 
legt, ein Miniaturbild in der Nationalgalerie zu London. 
Einem schlafenden geharnischten Jüngling unter einem LOT- 
beerbaum erscheinen zwei Frauen; die Eine, im Purpurkleid, 
hält ihm ein Buch und ein Schwert vor, die, Andere, reich 
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