178
Buch
III.
Italien,
XVI.
Jahrhundert.
Rafael.
173.
und fromm. Die Predella war mit zierlich miniaturartigen
Darstellungen der Verkündigung, Anbetung der Könige und
Darstellung im Tempel geschmückt; diese Bilder befinden
sich in derselben Galerie
16. In diese Zeit gehört auch RafaeYs Theilnahme aniden
Arbeite-n des Pinturicchio in der Libreria des sieneser Domes:
Doch scheint sich dieselbe bloss auf einige Entwürfe be-
schränkt zu haben, wie man noch ein Paar schöne Zeichnun-
gen von seiner Hand zu den ausgeführten Compositionen be-
sitzt (die eine in der Galerie der Uffizien zu Florenz, die
andre im Hause Baldeschi zu Perugia). Diese stehen den
Wandgemälden der Libreria in Bezug auf die Feinheit des
Gefühles, Anmuth und freie Naivetät beträchtlich voran, so
dass Rafael an der Ausführung in Farben bestimmt keinen
Theil gehabt haben kann.
Nach diesen Arbeiten scheint Rafael die Schule des Peru-
gino verlassen zu haben und selbständig aufgetreten zu, sein.
Zunächst sind hier einige Gemälde anzuführen, die er bei
einem zweiten Aufenthalt in dem benachbarten Citta di Ca-
stello und dann in Urbino gemalt hat. Sie tragen zwar eben-
falls noch den vollkommenen Stempel der umbrischen Schule,
doch wird in ihnen bereits ein freieres Regen des eignen
Geistes, ein Streben nach einer bestimmteren Individualisirung
17. bemerkbar, Das vorzüglichste unter diesen, das schönste aus
RafaePs erster Entwickelungsperiode, ist die Vermählung
der Maria (lo Sposalizio), mit dem Namen des Künstlers
und der Jahrzahl 1504 bezeichnet, gegenwärtig in der Galerie
der Brera zu Mailand befindlich. Es ist eine Darstellung
von einfach schöner Anordnung: Maria und Joseph in der
Mitte einander gegenüberstehend, der Hohepriester zwischen
ihnen, der beider Hände leitet, indem Joseph im Begriff ist,
den Ring an die Hand der Braut zu stecken. Zur Seite der
Maria die Schaar der Tempeljungfrauen, zur Seite des Joseph
die Schaar der Freier, welche ihre dürren Stäbe zerbrechen.
a) Andere kleinere Arbeiten
f., und 11, S; 25 u. f.
dieser
Zeit
bei
Passavant,
S. 69