Volltext: Franz Kugler's Handbuch der Geschichte der Malerei seit Constantin dem Großen (Bd. 2)

174 
III. 
Buch 
Italien. 
XVI. Jahrhund ert. 
Rafael. 
173, 
gearbeiteten peruginesken Schulbild im Vatican, ist wenig-- 
stens dieFigur des Joseph und vielleicht noch einiges Andere 
in der vordern Gruppe von Rafael. Dagegen ist die Theil- 
nahme des letztern an den Fresken des Cambio zu Perugia 
und an der Anbetung der Könige in Citta della Pieve mehr 
als zweifelhaft. 
7. Als erste selbständige Arbeiten RafaePs (um 1500) gel- 
ten jetzt die (gegenwärtig getrennten) zwei Seiten einer 
Kirchenfahne in S. Trinita zu Citta ldi Castello, welche die 
Dreieinigkeit mit zwei betenden Heiligen und die Erschaffung 
der Eva darstellen; sodann ein für dieselbe Stadt ausgeführ- 
8. tes Altarbild, den Gekreuzigten mit vier Heiligen enthaltend, 
welches aus der Sammlung des Cardinal Fesch in die des 
Lord Ward übergegangen ist. Beide Werke sind durchaus 
in Peruginds Art gemalt, gehen aber im geistvollen Ausdruck 
schon über dieselbe hinaus, während Zeichnung und Farbe 
noch den Schüler verrathen. In dem letztern Bilde ist die 
unschuldsvolle Schönheit des Johannes, die tiefe heilige 
Trauer der Madonna mit unbeschreiblicher lnnigkeit wieder- 
gegeben.  Ausserdem schreibt man dieser Lehrzeit RafaePs 
in der Werkstatt des Perugino eine Reihe verschiedener 
Staifeleibilder, mit grösserer oder geringerer Sicherheit zu. 
Seine Arbeiten aus dieser Periode tragen den allgemeinen 
Stempel der umbrisehen Schule, aber sie sind zugleich deren 
schönste Blüthen. Es hat überhaupt diese umbrische Schule 
in ihrer zarten, schwärmerischen Sentimentalität Etwas, das 
dem Wesen einer edlen Jugend zu entsprechen scheint. S0 
lange nun ein solches Werk das Frische und Ahnungsvolle 
des Jünglings an sich trägt, muss es nothwendig wahr und 
rein erscheinen; wenn aber im späteren Mannesalter die Sen- 
timentalität nicht zur charaktervollen Tiefe, die Ahnung nicht 
 zur energischen Bestimmtheit und Thatkräftiglzeit durchgebil- 
det Wird, so muss jene jugendliche Zartheit  wie wir es 
auch an den früher genannten Meistern der umbrischen Schule 
bemerkt haben  nothwendig in Befangenheit, in Manier 
und Handwerk ausarten. Dieser Grundton einer edlen Männ- 
lichkeit, der freilich noch unentwickelt in den Jugendwerken
	        
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