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Buch III.
Italien .
XVI.
Jahrhundert.
Florenz.
171.
welche der florentinische Realismus erreicht hat. Eine tüchtig
5. ausgeführte Krönung Mariä mit mehrern Heiligen, vom Jahre
6. 1504, befindet sich im Louvre. Ein Frauenkopf, im Pallast
Pitti, mit dem Datum 1509, ist noch etwa den vorzüglichsten
7. Portraits des Fr. Francia zu vergleichen. Eine Kreuztragung,
in S. Spirito zu Florenz, schon etwas oberflächlicher in der
Durchführung, enthält das originelle Motiv, dass Alles sich
nach der trauernd folgenden Maria urnsieht. Leider hat
dieser Künstler nachmals die so rühmlich eingeschlagene Bahn
vollständig verlassen und ist aus einem Künstler ein Hand--
werkcr geworden.
Ich beschliesse die Reihe der florentinischen Künstler
dieser Zeit mit dem Raffaellino del Garbo, einem Schü-
ler des Filippino Lippi. Dieser Künstler (1470-1524) zeigt
in seinen früheren, mehr alterthümlichen Werken eine eigen-
thümliche Liebenswürdigkeit; es ist etwas zart Gemüthvolles.
darin, was ungefähr der Richtung des Lorenzo di Credi ent-
spricht, aber in noch zierlicherer Weise durchgebildet. Das
8. Museum von Berlin besitzt fünf Gemälde des Rallaellino,
unter denen zwei grössere Altartafeln (I, 179, 199), vor Allen
jedoch eine Madonna mit dem Kinde und zwei musicirendcn
Engeln 194), in der angegebenen Beziehung ausgezeichnet
sind. Auch das dramatische Leben, welches manchen Werken
seines Lehrers und der Ghirlandaj in so hohem Grade eigen
9. ist, zeigt sich in Raffaellinds „Auferstehung" (in der Horent.
Akademie), namentlich in den vier Wächtern, von einer sehr
tüchtigen Seite. -i Später folgte der Künstler jener Richtung
der neueren Kunst, welche von Michelangelo und Rafael aus-
gegangen war, doch wusste er dieselbe nicht mit Glück zu
behandeln. Ein Beispiel von seinen Arbeiten aus späterer
Zeit sind die Deckengemälde der Kapelle des heil. Thomas
von Aquino in der Kirche S. Maria sopra Minerva zu Rom,
deren Wände durch seinen Meister Filippino Lippi gemalt
waren.