166.
Der
Horent.
Carton.
Decke
d er
sixtin.
Capelle.
143
aus dem Wasser das steile Ufer empor, andere pressen die
nackten Glieder in die engen Gewänder, noch andre eilen,
bereits gerüstet, in die Schlacht hinaus; Michelangelo soll,
nach dem Urtheile von Zeitgenossenä"), nicht wieder etwas
gleich Vollendetes geschaffen haben, Welches Ürtheil jedoch,
wie es scheint, wohl nur mehr auf die Technik des Werkes
zu beziehen sein dürfte. Dass dieses, sowie auch der Carton
Leonardols, als höchstes Förderniss in die Kunstbildung der
jüngeren Zeitgenossen eingriff, habe ich ebenfalls schon er-
wähnt.
Die nächstfolgenden Jahre wurde Nlichelangelo wiederum
durch grosse plastische Arbeiten beschäftigt, indem ihn der
Papst Julius II. nach Rom berief und ihm die Anfertigung
eines höchst prachtvollen Grabmonumentes auftrug, welches
nachmals jedoch nur in einem geringen Theile zur Vollendung
gekommen ist. Der Papst selbst war die Hauptursache der
Unterbrechung dieser Arbeit, indem er, abgesehen von
manchen Misshelligkeiten, die zwischen ihm und dem Künstler
verschiedentlich ausbrechen, den Plan gefasst hatte, von ihm
die Decke der grossen sixtinischen Kapelle, die 2-
noch immer ohne malerischen Schmuck dastand, mit Fresco-
gemäldeu verzieren zu lassen. Michelangelo suchte diesen
Auftrag, der jenes bereits begonnene Werk unterbrach und
dessen Ausführung er sich vielleicht nicht gewachsen glaubte,
anfangs von sich abzulehnen; da jedoch der Papst ernstlich
darauf bestand, so begann er im Jahre 15'155 die neue Arbeit
und vollendete das ungeheure WVerl; ganz allein, ohne irgend
eine fremde Beihülfe, in dem Zeitraumc von etwa 3 Jahren").
Zwar hatte er sich zum Beginn der Arbeit ehemalige Mit-
schüler und Freunde aus Florenz kommen lassen, damit diese
ü) S. vornehmlich: Vita. zli Bmwenuto Cellini, Z. I, 2.
Nach übereinstimmenden Zeugnissen war Michelangelo nur 22
Monate mit der Ausführung der Gemälde beschäitigt. Doch kann in
diesem kurzen Zeitraum unmöglich die Ausführung der Cartons mit
eingeschlossen sein; daher die obige Annahme. Nach Passavant
fael etc. I, S. 179, Anm.) wären sogar wenigstens vier Jahre anzu-
nehmen.