Volltext: Franz Kugler's Handbuch der Geschichte der Malerei seit Constantin dem Großen (Bd. 2)

142 
Buch III. 
Italien. 
XVI. 
Jahrhundert. 
Michelangelo. 
166. 
körperlicher Form, nicht mehr in symbolischer Umhüllung, 
auszusprechen wusste. Ich möchte sagen: es ist etwas archi- 
tektonisch Geheimnissvolles in Nlichelangeloisi Gestalten: sie 
sind der Ausdruck urgewvaltiger Kräfte, die ihnen in der Be- 
wegung wie in der Ruhe den Stempel höchster Macht und 
erhabenster Leidenschaft aufgeprägt haben. 
ßdichelangelo empfing seine erste Kunstbiltlung in der 
Schule des Domcnico Ghirlantiajrw, ward aber loald, durch 
innere Neigung und äusserc Veranlassung, mehr zum Studium 
und zur Jäusübung der Bildhauerei hinühergezogen. Das 
erste bedeutende Werk, welches er im Fache der Blaleroi 
hervorgebracht hat, fallt. bereits in den Beginn seines männ- 
1. liehen Alters (1504); es ist jener Carton, den er im Wettstreit 
mit. dem älteren Leonardo da Vinci verfertigte. Ueber die 
Veranlassung beziehe ich michauf das, was ich hierüber 
bereits bei Leonardo bemerkt habe. Auch Michelangelds 
Carton ist verloren (einer seiner Nebenbuhler, Baccio Ban- 
dinelli, soll ihn zerrissen haben); doch sind wir sowohl durch 
einige alte Kupferstichc, als auch durch andre Nachbildungen 
von dem grössten Theile der Colnposition unterrichtetä). 
Nlichelangelo wählte, wie ich erwähnt habe, den Anfang jener 
Schlacht, und zwar, wie sich wenigstens aus dem Vorhande- 
nen ergiebt, den Moment, in irvelchem ein Haute florentinischer 
Soldaten, die eben im Arno baden, tinerwartet den Aufruf 
zum Kampfe vernimmt. Dies gab dem Künstler Gelegenheit, 
seine Kenntniss des Nackten in schönster und lebendigster 
Entwickelung zu zeigen. Alles ist hier in Bewegung. Die 
schon angekleideten, die noch halb oder ganz nackten Krieger 
stehen in hastigem Gedränge durch einander; einige klettern 
ü) Einzelne Figuren und Gruppen des Cartons, zum Theil unter 
dem Namen der "Kletterer" (las GTÄHZPGIIKPS) bekannt, in Verschiedenen 
Kupferstichen von Marc -Antonio und von Agostino da Vcnezia.  
Eine alte Kopie des Haupttheiles der Composition, grau in grau, in 
Oel gemalt, befindet sich zu Ilolklram, dem Landsitz des Grafen Lei- 
cester in England. S. Passavant, Kunstreise etc. S. 19-1, und 
Waagen, Kunstw. und Künstl. in England, lI, S. 511, u. f,Gest_ von 
Schiavonetti. Reveil, 541. Desgl. v. Ruscheweyh.
	        
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