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Buch III.
Italien.
XVJ.
Jahrhundert.
Leonardö.
162.
dore des dortigen Klosters S. Onofrio, auf die Wand gemalt,
befindet. Das Bild ist auf Goldgrund. Die Madonna, eine
Blume haltend, ist in schöner Bewegung, in trefflicher Ent-
wickelung der edelsten Gestalt, mit ungemein zartem Lieb-
reize des Gesichtes dargestellt; das Kind jedoch hat, trotz
der anmuthigen Bewegung (es greift mit der Linken nach
der Blume und segnet mit der Rechten), noch etwas Hartes
und Schweres, so dass ich das Bild in eine frühere Epoche
des Künstlers setzen möchte, woraus denn freilich ein früherer
Besuch Leonardds in Rom, der an sich auch nicht eben un-
wahrscheinlich ist, folgen würdet").
9' Ausserdcm beiindet sich noch eins der schönsten Ge-
mälde Leonardos in Rom, und zwar in der Galerie des Pa-
lastes Sciarra, es enthält zwei weibliche Halbiiguren, welche
den Namen der. Bescheidenheit (Modestia) und der Eitelkeit
(Vanitas) führen. Jene, die einen Schleier über den Kopf
trägt, zeigt ein reizend wunderbares, edles Profil von klarem
und offenem Ausdrucke; sie winkt die Schwester zu sich,
welche in zierlichem Schmucke, süss und verführerisch vor
sich hinlächelnd, dem lieschauer gegenüber steht. Das Bild
ist voll eigenthümlicher Kraft in den Farben, wunderbar
10. vollendet, und nur leider etwas nachgedunkelt -'-V0n der
grössten Vollendung ist auch die einzeln stehende Halbfigur
einer Eitelkeit mit entblösster Brust und Blumen in den
"Händen früher in der Sammlung des Prinzen von Oranien
zu Brüsselxw), jetzt wohl im Haag.
11. Eine andre, ebenfalls sehr schöne Composition, nicht von
Leonardds eigener Hand, sondern von Luini ausgeführt,
welche Christus in der Mitte von vier Schriftgelehrten dar-
stellt (ebenfalls halbe Figuren) ist aus der Galerie des Pa-
ü) Nach Passavanfs Vermuthung schon im Jahre 1431 S,
d'Aginc0u1't a. a. O. 'l'af. 174. 4- Vgl. eine Notiz von v. Reuv
mont, Kunstbl. 1837, N0. 66.
H) Fumagalli a. a. O. schreibt das Bild dem Luini zu. Nach,
Rumohr ist es_v0n Salaino unter der Theilnahme des Meisters ge-
malt (drei Reisen, S. 316), nach Passavant von Luini.
Passavant, Kunstreise, S. 393.