161.
Leonardds
übrige
mailäindische
Werke.
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auszuzeichnen sind; zu diesen gehört das Brustbild einer
Dame mit niedergeschlagenen Augen, das voll von hinreissen-
dem Liebreiz und Würde ist. Auch die Halbfigur eineslih
jugendlichen Johannes in der Wüste (im Louvre) gehört Wohl
in die frühere Epoche des Meisters; doch ist hier schon sehr
entschiedener Effekt des Helldunkels erstrebt und der Aus-
druck schwärrnerischer Ekstase zu einer Höhe von sogar
schon fast unheimlicher Sentimentalität gesteigert. Das
früheste Werk, welches Leonardo während seines Aufenthalts
in Mailand gemalt, dürfte (nach NVaagen, Leonardo-Album)
die "Madonna des Ilerzogs Litta" ebendaselbst sein, einllv
"Wunderschönes" und trefflich erhaltenes Bildchen von etwa
llfz Fuss Höhe, das schon im Jahre 1545 im Besitz des
Michael Contarini in Venedig Vorn Anonymus des Morelli
aufgeführt, auch. von V. Rumohr und Rio mit Begeisterung
gelobt wird. Maria saugt das (sehr voll gebildete) Kind, das
einen Stieglitz in der Hand hält; den Hintergrund bildet eine
reiche Berglandschail.
Eins der gerühmtesten Bilder Leonardds, die Carital2.
(eine Mutter mit mehreren Kindern), scheint ebenfalls der
Zeit seines Aufenthalts in Mailand anzugehören; esbefand
sich in der alten Galerie von Cassel und ist erst in neuerer
Zeit, wie es scheint, in der königl. Galerie im Haag wieder
zum Vorschein gekommen. Es war ursprünglich eine nackte
stehende Leda mit den beiden Kindern; eine.aus Gründen
der Decenz unternommene Uebermalung hatte sie zur Caritas
umgeschaifen
ü) v. Rumohr (Drei Reisen in Italien, S. '70) sagt über dies
Bild Folgendes: "Deutlich erkenne ich in meiner noch sehr lebhaften
Erinnerung dieses Bildes darin den Schüler des Verocehio, den Ge-
nossen des Lorenzo diCredi, dessen Kindern die da noch sehr ähnlich
waren. Nur mehr Verstand in allen Theilen, mehr Tiefe im Charak-
ter und im Ausdrucke. In den Zügen der Mutter, und von den drei
Kindern, besonders des kleineren auf ihrem Arme, lag, ich weiss Ilißht
welcher tiefe Gram, welche unbeherrsehte Sehnsucht. Man nannte das
Bild die Caritä. Unter diesem Namen sind ähnliche Gruppen in
Späterer Zelt sehr häufig von den Italienern dargestellt worden; doeh
stets in dem Sinne mütterlichen Entzüekens an einer munter um sie