98
Buch
III.
Italien.
Jahrhundert.
Bologna.
156.
verschwindet aber ganz in der Lünette über dem Altar, wo
(mit Ausnahme der später hinzugefügten Restaurationen) statt
dessen vollkommen die Weise des F rancia sichtbar wird.
Die Ermässigung der Manier des Perugino, jene mehr heitere
Offenheit in Francizfs Bildern, scheint auf der andern Seite
auf ein gewisses verwandtschaftliches Verhältniss zu der
venetianischen Schule zu deuten; und dass ein solches in der
4. That stattgefunden, glaube ich in der schönen, für Bartol0m--
meo Bianchini gemalten heil. Familie im Berliner Museum,
die viel Aehnliches mit den Bildern des Giovanni Bellini hat,
zu erkennen. Immer aber bleibt der Ausdruck überirdischen
Sehnens dem Perugino und dem F rancia gemeinschaftlich,
nur dass er bei letzterm auf einem minder idealen, mehr
5- frisch lebendigen Kopftypus ruht. Mit dem letztgenannten
Bilde verwandt, doch, wie es scheint, noch jünger, ist eine
sehr fleissig ausgeführte Madonna mit dem Kinde vom Jahre
1495, in der Sammlung des Lord Dudley in London.
6. Das Trefflichste unter Francizfs Leistungen sind die
Frescomalereien in S. Cecilia zu Bologna, einem kleinen
Kirchlein bei S. Giacomo, Welches jetzt leider als öffentlicher
Durchgang dient und WO die schon verstaubten und ver-
dorbenen Malereien ihrem baldigen Untergange entgegen
gehen. Sie enthalten Darstellungen aus dem Leben der heil.
Cäcilia und sind zum Theil von Francia selbst, zum Theil
von seinen Schülern nach seinen Entwürfen ausgeführt. Die
Anordnung der Gemälde ist hier überall höchst einfach und
ohne Ueberladung von N ebenfiguren; die besonderen Momente
sind überall in trefflicher, dramatischer Entwickelung auf-
gefasst und durchgeführt. Hier sieht man die edelsten Ge-
stalten, die schönsten anmuthvollsten Köpfe, einen sehr klaren,
reinen Faltenwurf und meisterhafte landschaftliche Gründe.
Vor Allen ausgezeichnet ist das erste von diesen Gemälden,
welches die Vermählung der heiligen Cäcilia darstellt; diess,
sowie das gegenüberstehende, das Begräbniss der heiligen
Cäcilia, ist ganz von der Hand des Francia. In den andern
erkennt man die Beih-ülfe seiner Schüler, bei mehreren eine
rohe spätere Uebermalung.