Volltext: Franz Kugler's Handbuch der Geschichte der Malerei seit Constantin dem Großen (Bd. 1)

Mosaiken. 
Ravenna. 
San Vitale. 
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den seitwärts heraufgezogenen Augbraunen vorwärts ge- 
wandt. lhm folgen vornehme Hofleute, ohne Zweifel eben- 
falls Porträts, und nächst ihnen die sehr kenntlichen, blonden 
germanischen Leibwachen mit Speer und Schild. Erzbischof 
Maximian mit seinem Klerus kommt dem KßiSCr entgegen; 
auch er mit seiner Glatze und den pathetisch zugedrüekten 
Schlitzaugen ist ein Charakterbild für jene Zeit. Links, 
gegenüber, ist die Kaiserin Theodora, umgeben von pracht- 
voll geschmückten Hofdamen und Eunuchen, auf ihrem Kirch- 
gang abgebildet; sie trägt ebenfalls den dunkelvioletten (pur- 
purnen) Kaisermantel; von ihrem barocken Diadem hängt 
eine ganze Cascade von Perlen und Juwelen herab, und dient. 
als Rahmen für ein blasses, schmales, höchst bedeutendes Ge- 
sicht, dessen grosse hohlliegende Augen, sammt dem kleinen, 
lüsternen Munde, die ganze Geschichte des ebenso klugen 
als herrschsüchtigen, wollüstigen und erbarmungslosen Weibes 
erzählen. Vor ihr öffnet ein Kämmerer einen reichgestickten 
Vorhang; man blickt in den Vorhof einer Kirche, der durch 
einen Reinigungsbrtlnnen angedeutet ist. J ustinian und Theo- 
dora sind durch glänzende Nirnben ausgezeichnet, eine Hul- 
digung, Welcher sich der damalige Künstler nicht entziehen 
konnte, während er im Uebrigen von Sehmeicheln und Ideali- 
siren offenbar nichts gewusst hat.  Von etwas geringerer 4. 
Ausführung sind die Mosaiken des hohen viereckigen Rau- 
mes vor der Nische, welche dafür als alttestamentliche Sym- 
bole des Messopfers bedeutend und bezeichnend sind. Am 
Gewölbe zwischen grüngoldnem Rankenwerk auf blauem 
Grunde, und grünem auf Goldgrunde schweben vier Engel, 
antiken Victorien ähnlich, auf WVeltkugeln; unter ihnen, in 
den vier YVinkeln, vier Pfauen als Sinnbilder der Unsterb- 
lichkeit. An der Oberwand über der Nische halten zwei an- 
Inuthig schwebende Engel einen Schild mit dem Zeichen 
Christi; zu.beiden Seiten prangen die ganz aus Juwelen er- 
bauten Stäidte Jerusalem und Bethlehem; darüber WVeinran- 
ken und Vögel auf blauem Grunde. An den beiden Seiteu- 5. 
Wänden sind in eine schwer zu beschreibende architek- 
tonische Einfassung die schon erwähnten Darstellungen ver-
	        
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