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Buch I.
Christl. Alterthum.
Spätrömischer Sty].
hindurch sieht man auch den untern Theil des Körpers
Christi, eine Darstellungsweise, die bis tief inls Mittelalter
hinein im Gebrauche blieb, wahrscheinlich weil man sich vor
einer unvollständigen Darstellung der Gestalt des Erlösers
scheute wenigstens ist bei andern Figuren, WO diese
Rücksicht wegfiel, der im "Wasser stehende Theil in der
Regel Linsichtbar. Christus imit seinen langen geseheitelten
IrIaaren entspricht ungefähr dem oben beschriebenen Kata-
kombentypus. Das Ganze ist noch -so ziemlich im Geiste
eines antiken Mythus gehalten und einfach, ohne Nimbus
und Gloricn, vorgetragen, nur dass ein Kreuz zwischen
Christus und dem Täufer steht. Der Jordan als Flussgott
mit Schilfblättern taucht links aus dem Wasser hervor und
reicht ein Tuch zum Trocknen dar; mit den Engeln, welche
in spätem Darstellungen diesen Dienst versehen, ist jene Zeit
noch sehr sparsam. Die ornamentistische Gesammtwirkung
des Baptisteriums, die Anordnung der Gestalten im Raume,
und der feine Fa-rbensinn lassen uns, beiläufig gesagt, erra-
then, welche Fülle von echter Pracht und Schönheit. mit den
Prunkräilmen des späteren kaiserlichen Roms untergegangen
sein muss.
1_ ä. 12. Von ganz anderer Art sind die zwischen 432
und 440 ausgeführten, jetzt stark restaurirten Mosaiken des
Mittelschiffes und Triumphbogens von Santa Nlaria Niag-
giore in Rom. An den Obermauern des Biittelschifiies sind
in 3l Bildern (die verlorenen abgerechnet) Begebenheiten des
alten Testamentes aus der Patriarchenzeit und aus der Ge-
schichte des Moses und Josua in kleinem Massstabe darge-
stellt; am Triumphbogen aber, zu beiden Seiten des apokalyp-
tischen Thrones, der Apostel Petrus und Paulus und der
Sinnbilder der Evangelisten, sieht man in mehrern Reihen
übereinander Scenen aus der Geschichte Christi, von der Ver-
kündignng bis zur Enthauptung J ohannis, so dass auch hier
noch die Passion ausgeschlossen ist. (Bei der Anbetung der
Weisen sitzt das Christuskind allein auf dem Throne, Wäh-
1'end seine Mutter unter den Zuschauern steht). Unten, zu
beiden Seiten des Bogens, die Gläubigen unter dem Bilde