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Buch
Christl.
Alterthum
Spätrömischer
Styl.
bieterisch verlangte Deutlichkeit des Ganzen, haben auf die
gesammte Kunst seit Constantin einen maassgebenden Ein-
fluss geübt.
4. Nicht als ob der Styl, auf Welchen das Mosaik mit Noth-
Wendigkeit allmälig hindräiingt, gleich mit der Anwendung
desselben an Wänden und Gewölben christlicher Kirchen auch
in seiner Vollendung vorhanden gewesen Wäre! Die ältesten
christlichen Mosaiken, zugleich die einzigen, welche wir aus
dem IV. Jahrhundert kennen, am Tonnengewölbe des Um-
ganges von Santa Costanza bei Romä), gehören noch
wesentlich der Ornamentik des Alterthums an und ihre Ge-
nien zwischen Weinranken auf weissem Grunde stehen pa-
rallel mit jener ähnlichen Darstellung in den Katakomben des
5. h, Calixtusm"). Aber auch die historische Mosaikmalerei ver-
suchte sich noch im fünften Jahrhundert auf Pfaden, die sie
bald darauf für immer verlassen hat. Abgesehen von den
sich anfänglich häußgcr zeigenden altchristlichcn Symbolen
und alttestamentlichen Vorbildern, welche später sehr zurück-
traten, wagt sie sich damals noch auf das Gebiet bewegter
historischer Composition, und erst allmälig verengert sich der
Kreis ihrer Darstellungen auf einige wenige, die Anordnung
(lerselben auf die strengste Symmetrie, die Auflhsstingsweise
der einzelnen Gestalten aber auf das ruhig Statuarische. Da
es indess hier Wesentlich auf die Uebergänge im Styl an-
kommt, so Werden wir chronologisch verfahren und die Ver-
änderungen in den Gegenständen beiläufig andeuten. Die
glücklicher WVeise meist feststehenden Daten erleichtern diese
6. Anordnung. Dass wir hier wie in der spätern heidnischen
1') Erbaut entweder unter Constantin als Baptisterium der benach-
barten Kirche S. Agnese, oder bald nach ihm, als Grabkalaelle seiner
beiden Töchter (so Platner). Die aus dem Inhalt der Mosaiken ent-
nommene Annahme eines Bacchustempels ist jetzt aufgegeben.
H) Wenn man aus einem so vereinzelten Denkmal einen allgemei-
nen Schluss ziehen dürfte, so möchten diese fast rein ornamcntistischen
Mosaiken von Santa Constanza es wahrscheinlich machen, dass die
frühern römischen Deckenmosaiken, von welchen Plinius spricht, mehr
nur decorativer Natur gewesen seien, wo sie überhaupt vorkamen.