Mosaik.
Das
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der gewöhnlichen Sage) mit täuschenden Nachahmungen leb-
loser, scheinbar am Boden liegender Gegenstände (Kehricht,
Speisereste u. dgl.), schritt dann schnell zu grossen historischen
Compositionen fort und hatte unter den ersten Kaisern die
höchste technische Ausbildung und Verfeinerung erreicht;
seitdem erst scheint es auch als Wandschmuck in Gebrauch
gekommen zu Seim") Im Geleit der römischen Herrschaft
verbreitete es sich über die alte Welt, und wurde am Euphrat
und am Atlas in derselben Weise ausgeführt wie in Brittan-
nien. Der innere Uebelstand, dass solchen Bildern jeder
unmittelbar geniale Zug fehlte, indem das Werk von Arbei-
tern nach Cartons fast lnaschinenmässig gefertigt. wurde, schien
der römischen Solidität. genugsarn durch die ewige Dauer
aufgewogen. Die innern Bedingungen dieser Kunstgattung,
das Zurückgehen auf möglichst einfache und grcsse Formen,
das Verzichten auf reiche, gedrängte Compositionen, die ge-
ü) Wir gestehen, dass uns die Mittelglieder zwischen den kleinen
Kabinetstiicken in Mosaik, wie sie Pompeji und das kaiserliche Rom
geliefert, und den auf einmal beginnenden riesenhaften Wandmosaiken
der christlichen Zeit bis jetzt fehlen. Die Tempel, Thermen und Palläste
der spätern Kaiser enthalten oder enthielten bis in die ncuern Zeiten
zahlreiche Wandmalereien, Stuccds und Bodcnmosaiken, aber unseres
Wissens keine Mosaiken an Decken und Wänden. Zwar sagt uns
Plinius (XXXVl, 04) ausdrücklich, das Mosaik habc neuerlich vom Fuss-
boden ausgehend auch die Gewölbe in Besitz genommen und werde
seitdem von Glas gemacht; auch wisse man (Cap. 67) alle Farben
darin auszudrücken und die Gattung sei jetzt für die Malerei so ge-
fügig und geeignet als irgend eine. Allein die wenigen über das kleine
Wandbild und den Fussboden hinausgehenden Beispiele sind rein orna-
mentistischer Art und ohne Figuren, (die vier Säulen aus Pompeji, die
zwei Mosaikbrunncn ebenda, ein Grabdenkmal der Vigna Campana in
Rom u. a. 111.), während es doch sehr befremdend ist, dass weder an den
Gewölben der Diocletiansthermen noch an jenen anderer Bauten dieser
Zeit Spuren von Malereien höherer Gattung in diesem sonst so dauer-
haftem ltlatel-ial sich gefunden haben. Fast möchte man glauben, die
historische luosaikmalerei im grössern Styl sei erst im Laufe des vierten
Jahrhunderts und dann plötzlich in grosser Ausbreitung aufgekommen,
Man beachte, dass Anastasius im Leben S. Silvestcrs, wo die pracht-
vollen Kirchenbauten Constantids beschrieben und ihre kaum glaub-
lichen Zierstücke aufgezählt werden, von Mosaiken gänzlich schweigt.
(Allerdings widmet er ihnen auch sonst keine grosse Aufmerksamkeit.)