K atakomb en.
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geisterung für Kraft, Fülle und Schönheit der Form als
solcher aus der Kunst der späteren Kaiserzeit gewichen sein,
mag die ganze Darstellungsweise dieser Kunst ebenso wie
die Formen des Staates und des Lebens überhaupt als ein
zßrSprengtes Gefäss, als ein abgetragenes Kleid erscheinen,
so bilden doch diese Sarkophage und Gruftgemälde in ihrer
stylistischen Anspruchslosigkeit, in dem ruhigen Ernst der
Gestalten, in ihrer schlichten Beschränkung auf den einfachsten
Ausdruck eines geistigen Gehaltes einen angenehmen Gegen-
satz gegen den Bombast späterer heidnischer Arbeiten.
Von der Technik und den Kunstmitteln der constanti- 2-
nischen Epoche geben uns übrigens viele Werke einen ver-
hältnissmässig noch immer weit bessern Begriff, als man
z. B. nach den plumpen und hässlichen Sculpturen des (viel-
leicht eilig zusammengebauten) Constantinbogens gewöhnlich
anzunehmen geneigt ist. Noch war die bald tausendjährige
Tradition der antiken Kunstübung mächtig genug, um hie
und da den innerlichsten Verfall zu verbergen und übersehen
zu lassen. Allerdings sind die alten Gesetze der Körper-
darstellung schon vielfach hintangesetzt; in den Sarcophag-
reliefs erscheinen Köpfe und Extremitäten oft zu gross, in
den Malereien dagegen die Verhältnisse oft zu lang, in beiden
die Stellungen und Motive conventionell, die Bezeichnung der
Gelenke mangelhaft, die Falten, wenn auch hie und da schön
gedacht, doch in der Ausführung Hau. Aber noch überrascht
uns manche lebendig empfundene Gestalt und zumal unter
den Porträts eine nicht unbedeutende Gabe des Individuali-
sirens. Das Ornament bleibt noch lange Zeit anmuthig wenn
auch ohne strenge Schönheit; endlich steht die Sauberkeit
der Ausführung (z. B. in den elfenbeinernen Diptychen)
hinter ähnlichen Werken der besten Zeit nicht zurück. Ferner
ist nicht zu übergehen, dass gerade aus der Zeit Constantins
im Verhältniss zu den massenhaften Werken derselben, wo-
von uns Eusebius und Anastasius Unglaubliches berichten,
sehr wenig Bedeutendes auf uns gekommen ist; denn wir
dürfen annehmen, dass die Gruftbilder durchgängig zu den
geringern Arbeiten gehören. Zu möglichst vollständiger Be-