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Buch I.
Chri stl.
Alterthum.
Spätrömischer
Styl.
Calixtus
dürfen
wir
schon
llIIl
antiken Schönheit willen
seiner
nicht unerwähnt lassen. In und über dem Bogen einer Wand-
nische sind eilf kleine Genien zwischen Weinranken darge-
stellt in eifriger Beschäftigung mit der Weinlese; in der
Nische selbst. sieht man Christus als Jüngling, eine Rolle in
der Linken, lehrend zu einer Anzahl von Zuhörern gewandt,
was gewöhnlich auf sein Auftreten in der Synagoge von Na-
zareth gedeutet wird. Auch das Leben der Gemeinde ist.
hie und da in den Katakomben geschildert; wir sehen sie am
Tricliniuln beim Liebesmal versammelt; sogar Taufhantllungen,
Trauungen und Versammlungen christlicher Lehrer kommen
vor. Da die Katakomben noch mehrere Jahrhunderte nach
8. Constantin als Orte der Verehrung zugänglich blieben und
fortwährend ausgeschmückt wurden, so gehören ihre Malereien
theilweise auch viel spätern Perioden an, aus welchen wir
anderweitige ungleich wichtigere Kunstwerke besitzen, wess-
halb wir uns hier auf die ältesten, noch der Kaiserzeit an-
gehörenden beschränkt haben. Die Katakomben von
Neapel sind zwar in ihrer Anlage grossräumiger als die
römischen, enthalten aber nur einige wenige WVandmalereien
aus früher christlicher Zeit, die beträchtlich roh ausgeführt,
aber in der strengern Zeichnung und dem pastoseren Farben-
auftrage der antiken Kunst noch immer verwandt erscheinen.
ä. S. So war nun, um das Gesagte in wenigen Worten
1. zusammenzufassen, trotz der anfänglichen heftigen Abneigung
der Kirchenlehre, die alte Kunst mit unwiderstehlichcr Macht
in das Christenthum eingedrungen; vom blossen Erkennungs-
zeichen war man fortgeschritten zum künstlerisch gestalteten
Sinnbild, zur alttestamentlichen Symbolik, und bald wurde
Christus unmittelbar, theils in idealer Gestalt, theils mehr
als Bildniss dargestellt. Auf eine höchst bedeutsame Weise;
schliesst sich die altchristliche Symbolik, insofern sie in der
dargestellten Form noch einen tiefern Inhalt ahnen lässt und
das Gemüth des Beschauers zu eigener, mitschafender Thätig-
keit anreizt, an die spätere heidnische Kunst an, welche die
Mythen auch schon sinnbildlich, als Hülle eines allgemeinen
Gedankens zu gestalten pflegte. Mag auch jene höhere Be-