Christliches
Alterthum.
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bewegen, war eins; wie hätte das Christenthum solches Thun
seinen Anhängern gestatten, wie hätte es von da her eine Un-
terstützung für seine Sendung erwarten können! Und da
111ml gar Wohl erkannte, wie gewichtige Dienste: ja Welchen
Schutz die Kunst dem Heidenthum leistete, so entwickelte
sich in dem Kampf gegen letzteres auch bald ein heftiger
Widerspruch gegen die Kunst. Die Künstler, die Verfertiger
der Götterbilder, galten als Boten und Diener des Teufels;
wer solches Gewerbe trieb, war tmfähig, das reinigende Bad
der Taufe zu empfangen, bevor er dem verabscheuungswür-
digen Dienste nicht völlig entsagt; wer, getauft, dennoch
das alte Gewerbe wieder aufnahm, ward aus der Gemeinde
ausgestossen.
Die feindliche Stellung gegen die Kunst in ihrer vor- 2.
handenen Erscheinung führte sogar zu einem Kampf gegen
die künstlerische Anschauung überhaupt. Die alten Götter
wirkten durch die erhabene Würde, durch den bezaubernden
Reiz, den die Künstler in ihrer äussern Gestalt ausgeprägt
hatten; das Christenthum wollte nur geistig wirken, ohne
alles Aeussere, welches den Sinn auf irgend welche WVeise
hätte befangen, welches den reinen Gedanken irgend wie
hätte trüben können. Ueberdiess lag es in der Natur der
Dinge, dass die hart. verfolgte christliche Kirche des ersten
Jahrhunderts in Christo das Vorbild alles Leidens und Dul-
dens suchte, und so durfte der hohe Gründer der reinen
Lehre auf Erden auch nicht erschienen sein den alten Göt-
tern vergleichbar, schön, majestätisch, dass man mehr auf
ihn gesehen, als auf sein beseligendes Wort gehört
hätte. Seine Gestalt musste klein gewesen sein,_ niedrig,
von hässlichem Aussehen. So war er ja auch schon von den
Propheten vorher verkündigt worden. „Er hatte keine Ge-
stalt noch Sßhöne; wir sahen ihn, aber da war keine Gestalt,
die uns gefallen hättef „weil seine Gestalt hässlicher ist,
denn anderer Leute und sein Aussehen, denn der Menschen-
kinder." (Jesaias 53, 2; 52, 14.) In der That scheint dies
die vorherrschende Ansieht in den ersten Zeiten der christ-
lichen Kirche gewesen zu sein, besonders als die Juden-